Frau fotografiert von Aussichtspunkt Stadt von oben
Anne-Kathrin Schulz beantwortet die zehn wichtigsten Fragen zum Auslandssemester. Foto: Pixabay

Auslandssemester: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Völlig überbewertet oder absolut unverzichtbar? Was dir ein Trip jenseits der deutschen Ländergrenzen bringt - und was ein Auslandssemester von dir fordert.

Ein Interview mit Anne-Katrin Schulz von der BDAE-Gruppe, die auf die Beratung und Versicherung von Personen spezialisiert ist, die mittelfristig oder für immer ins Ausland wollen.
 

Frau Schulz, ist ein Auslandsaufenthalt wirklich so elementar im Lebenslauf, wie immer behauptet wird?  

Das kommt ganz darauf an, in welcher Branche Berufseinsteiger nach dem Studium arbeiten wollen. Wir stellen fest, dass insbesondere international tätige Unternehmen – und mittlerweile agieren selbst kleine Firmen zunehmend global – Wert auf Auslandserfahrung legen. Der Erfolg von Kooperationen und Geschäften hängt sehr stark von sozialen Kompetenzen ab. Wer längere Zeit im Ausland gelebt hat, bringt oft interkulturelle Fähigkeiten mit.

Genau das wollen internationale Unternehmen. Hinzu kommt, dass viele Firmen hierzulande internationale Teams beschäftigen; denken Sie beispielsweise an Unternehmen wie Airbus. Während eines Auslandsstudiums kommt man in der Regel mit mehreren Kulturen in Berührung. Das schult für den späteren Umgang mit multikulturell besetzen Teams.  Und ganz allgemein: Andere Kulturen näher kennenzulernen und in einem völlig fremden Umfeld mit anderen Sitten und Gebräuchen zu bestehen, ist vor allem auch ein Gewinn für die eigene Persönlichkeit. Hinzu kommt, dass Kontakte und Freundschaften, die im Ausland geknüpft werden, eine lebenslange Bereicherung sein können.  

Wie entscheide ich mich für die richtige Art eines Auslandsaufenthalts?

Es gibt tatsächlich zahlreiche Möglichkeiten, Auslandserfahrung zu sammeln. Deshalb sollte sich jeder zu Beginn die Frage stellen, welche Erwartungen mit dem Auslandsaufenthalt verknüpft sind. Will ich viel reisen und unterschiedliche Kulturen kennenlernen? Dann eignet sich ein Work & Travel Trip. Möchte ich mein Studium nicht unnötig verlängern, dann ist ein Austauschsemester über Erasmus bzw. Erasmus Mundus für Länder außerhalb Europas eine gute Option, da bei diesen Programmen die Wahrscheinlichkeit, Studienleistungen anerkannt zu bekommen, recht hoch ist. Für Personen, die jetzt schon wissen, dass sie später im sozialen Bereich oder sogar in der Entwicklungshilfe tätig sein wollen, eignen sich private oder staatlich geförderte Volunteer-Projekte. Bei der Entscheidung helfen auch Erfahrungsberichte von Freunden oder Kommilitonen. Der DAAD stellt auf seiner Website Beiträge von ehemaligen Auslandsstudenten und –praktikanten zur Verfügung. Erfahrungsaustausch ist immer eine gute Basis für die eigene Entscheidungsfindung.  
 

Empfehlen Sie ein spezielles Land ganz besonders? Wie finde ich das für mich passende Land?  

Das ist praktisch unmöglich, weil die Liebe zu einem Land sehr individuell ist. Oft zieht es Menschen in Länder, die sie etwa aufgrund einer Urlaubsreise oder Klassenfahrt bereits kennen und schätzen gelernt haben. Diese Erfahrung kann den Start später erleichtern, da man sich mit Land und Leuten bereits auseinandergesetzt hat. Wir empfehlen in unseren Beratungsgesprächen, möglichst einen Look-and-See-Trip zu unternehmen, wenn das Land der Träume bisher nicht bereist worden ist.

Es gibt zahlreiche Faktoren, warum aus dem Traumziel ein Alptraum werden kann. Oft sind das recht profane, aber entscheidenden Dinge wie beispielsweise das Klima. Was ist, wenn ich während des Sommersemesters in Australien plötzlich feststelle, dass mein Kreislauf starke Hitze nicht verträgt? Oder ich merke, dass die ausgeprägte Geselligkeit der Südamerikaner überhaupt nicht mein Ding ist?   Bei der Wahl des „richtigen“ Landes spielen außerdem finanzielle und persönliche Aspekte eine große Rolle. Möglicherweise kann ich das Praktikum in New York nicht antreten, weil die astronomischen Mietpreise das monatliche Budget bei weitem übertreffen. Oder die Studiengebühren an der Elite-Universität in England sind mit den eigenen Ersparnissen schlichtweg nicht kompatibel.

Es gibt ein tolles Portal (www.che-consult.de), auf dem eine besondere Länderdatenbank hinterlegt ist. Mit Hilfe dieser können Interessierte einerseits nach Höhe der Studiengebühren und andererseits nach der Höhe der durchschnittlichen Lebenshaltungskosten selektieren. Wer beispielsweise für Miete und Essen monatlich nicht mehr als 1.000 Euro zur Verfügung hat, trägt diesen maximalen Wert ein und erhält dann eine Liste von Ländern, die infrage kommen.  Wer ins Ausland möchte, sollte auch seine Persönlichkeit genau hinterfragen. Wer sonst stets regen persönlichen Kontakt mit Freunden und Familie pflegt oder einen Partner hat, der im Heimatland bleibt, sollte besser ein Land wählen, zu dem es regelmäßige und bezahlbare Flug- oder Bahnverbindungen gibt. Wenn einem etwa in Neuseeland akutes Heimweh plagt, kann der spontane Heimaturlaub sehr teuer werden. Wir haben es erlebt, dass junge Leute im Ausland beispielsweise nicht zur Hochzeit der Schwester anreisen konnten, weil der weite Flug einfach zu teuer war. Derartige Situationen sollte sich jeder bei der Wahl des Aufenthaltslandes vergegenwärtigen.  
 

Funktioniert die Organisation eines Auslandsaufenthaltes auch "last minute"?  

Das kann beispielsweise bei Praktika funktionieren; insbesondere dann, wenn etwa eine für Auslandspraktika spezialisierte Agentur involviert ist. Auch Work & Travel Reisen sind kurzfristig organisierbar. Ein Auslandssemester „last minute“ einzustielen, ist jedoch praktisch unmöglich. Denn da sind Sie an Fristen der Gastuniversität gebunden. Wer außerhalb der EU studieren will, braucht ein entsprechendes Visum, dessen Beantragung sich je nach Aufenthaltsland über Monate hinziehen kann. Wir empfehlen spätestens sechs Monate vor Reisebeginn mit der Planung zu starten.  
 

Welche sind die wichtigsten Schlagworte, an denen ich in meiner Vorbereitung nicht vorbeikomme?

Bsp. Auslandskrankenversicherung, Reiseorganisation ...)  Da gibt es eine ganze Checkliste von A wie Auslandskrankenversicherung bis Z wie Zulassungsbeschränkungen beim Studium. Elementar sind die Fragen der Einreisebestimmungen, wenn es in ein Land außerhalb der EU geht. Eine Auslandskrankenversicherung ist außerhalb der EU ein absolutes Muss – unter anderem für die Einwanderungsbehörden – und innerhalb Europas empfehlenswert. Zwar gilt die gesetzliche Krankenversicherung dank der Europäischen Gesundheitskarte auch in allen anderen EU-Staaten, allerdings nicht für jede Leistung. Die Auslandskrankenversicherung schließt entsprechende Lücken. Ein ebenfalls entscheidendes Schlagwort ist die Finanzierung des Auslandsaufenthalts.  
 

Woher kann ich finanzielle Unterstützung erhalten?  

Über die Erasmus-Programme gibt es Stipendien für Auslandssemester und –praktika. Infos dazu sind auf der Erasmus-Website bereitgestellt oder erhalten Interessierte beim Akademischen Auslandsamt bzw. International Office der einzelnen Hochschulen. Auch der DAAD vergibt etliche Stipendien und hat dafür auf seiner Website eine Datenbank integriert. Darüber hinaus gibt es Auslands-BAföG, das auch jene Studierende zunächst beantragen können, die hierzulande nicht BAföG berechtigt sind. Es wird allerdings nur innerhalb der EU gezahlt. Und dann gibt es etliche private und politische Stiftungen, die Auslandsaufenthalte finanzieren. Zu nennen sind beispielsweise die Studienstiftung des deutschen Volkes, die Fulbright-Stiftung für Aufenthalte in den USA oder die Heinrich Böll Stiftung. Zu guter Letzt bieten auch die Banken spezielle Bildungskredite für Auslandsvorhaben.
 

Sollte ich ins Ausland gehen, auch wenn ich im Bachelorstudium stecke? 

Die Erfahrungsberichte sind durch die Bank weg positiv. Bislang ist uns niemand begegnet, der den Auslandsaufenthalt bereut hat. Selbstverständlich hatten fast alle Reisende Startschwierigkeiten oder sogar nach einer ersten euphorischen Zeit einen Kulturschock, doch das sind normale Begleiterscheinungen.

Viele Auslandsstudenten, die wir beraten haben, sind nach der Ausbildung wieder in das damalige Aufenthaltsland zurückgekehrt, um dort zu arbeiten, sich selbstständig zu machen oder weil sie ihren Partner dort kennengelernt haben. Der persönliche Gewinn, den ein längerer Auslandsaufenthalt nach sich zieht, sind ein bis zwei Semester mehr definitiv wert. Umgekehrt wiegt der Nutzen, das ein um zwei Semester schneller durchgezogenes Studium bringt, die Auslandserfahrung nicht auf.  
 

Was muss ich beachten, wenn ich zum Beispiel nach meinem Bachelorstudium ins Ausland gehen möchte und dann gar keinen Studentenstatus mehr habe?  

In Deutschland hat das unter anderem Auswirkungen auf die Krankenversicherungspflicht. Wer als unter 25-jähriger Student beispielsweise familienversichert ist, muss sich nun eigenständig bei der Krankenkasse anmelden. Wer außerhalb der EU arbeiten will und keinen Studentenstatus genießt, muss ein entsprechendes Arbeitsvisum beantragen und benötigt dafür in der Regel auch den Nachweis einer im Ausland gültigen Krankenversicherung. Ansonsten hängen unsere Empfehlungen stark vom Reiseziel und der dort geplanten Tätigkeit des ehemaligen Studenten ab.  
 

Was soll ich tun, wenn ich im Ausland angekommen bin und nun aber merke, dass es mir gar nicht taugt - Wie fasse ich dort am besten Fuß?  

Integration hilft immer: Suchen Sie sich möglichst eine WG mit lokalen Studierenden und vermeiden Sie es, ausschließlich mit Personen aus ihrem Heimatland Kontakt zu haben oder nur Ihre Muttersprache zu sprechen. Auch stundenlanges Skypen mit den Daheimgebliebenen erschwert das Eintauchen in die Gastkultur; im schlimmsten Fall wird man zum Außenseiter. Nutzen Sie die von der Uni und dem Arbeitgeber angebotenen Kontaktmöglichkeiten: Ein Stammtisch, Sportangebote, der Chor oder andere Hobbys und Ausflüge bieten eine gute Gelegenheit, Menschen aus dem Gastland kennenzulernen und Freundschaften aufzubauen. Generell sollte man sich nicht zu sehr unter Druck setzen. Niemand erwartet von einem, dass man nach kürzester Zeit die Sprache perfekt beherrscht, in der Uni Glanzleistungen erbringt und jeden Tag von neuen Freunden eingeladen wird. Nehmen Sie sich Zeit für den Aufbau von Kontakten und genießen Sie die Herausforderung dieser einmaligen Erfahrung.   Oft ist jedoch die Sprache der Schlüssel zur bestmöglichen Integration. Jeder sollte deshalb möglichst bereits vor dem Antritt des Auslandsaufenthaltes viel Zeit in das Erlernen bzw. Verbessern der Sprache des Gastlandes investieren.    

Zuletzt: Wo bekomme ich weitere kompetente und individuelle Beratung zu allen brennenden Fragen?  

Die International Offices der Hochschulen informieren sehr kompetent in Sachen Auslandsstudium. Über Erasmus und den DAAD gibt es ebenfalls umfangreiche Daten dazu und zu Auslandspraktika. Außerdem existieren etliche private Agenturen, die auf Studien- und Praktikaplatzvergabe oder auf Work & Travel Reisen spezialisiert sind. Beratung und Vermittlung sind zwar kostenpflichtig, es lohnt sich aber, solange die Agenturen seriös arbeiten. Die BDAE GRUPPE berät Interessierte gegen eine geringe Aufwandsentschädigung umfassend zum Thema und kennt sich besonders gut in Versicherungsfragen aus. Außerdem ist über uns ein mehrstündiges interkulturelles Sensibilisierungstraining im Rahmen der Beratung möglich. Dies kann den Start im Gastland immens erleichtern und hilft, die eigene kulturelle Brille im Vorfeld abzunehmen.  

 


Anne-Katrin Schulz  

... leitet die Abteilung Unternehmenskommunikation bei der Hamburger BDAE GRUPPE (www.bdae.com). Das Unternehmen ist auf die Beratung und Versicherung von Personen spezialisiert, die mittel- bis langfristig oder sogar für immer ins Ausland gehen wollen.  Anne-Katrin Schulz hat in Lüneburg das Magisterstudium Angewandte Kulturwissenschaften absolviert, zwei Auslandssemester in Italien Kommunikationswissenschaften studiert und nach der Universität ein Redaktionsvolontariat erfolgreich abgeschlossen. Bevor sie 2009 zur BDAE GRUPPE kam arbeitete sie als Ressortleiterin für ein Kapitalanlagemagazin.   

 

 

 


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