Herr Dr. Junge, wie genau lässt sich Spielen eigentlich definieren?
Spielen ist nicht nur eine Sache. Wir können Musik, Theater oder auch Brettspiele spielen. Spielen begleitet uns seit Jahrtausenden, nur die Medien und die Formen haben sich verändert. Der Begriff sagt eigentlich aus, dass wir uns aus dem Alltäglichen abkoppeln.
Warum ist es wichtig, dass wir spielen?
Spielen ist ein entscheidendes Phänomen und wichtig für unser Leben. Schon Kinder fangen an, sich die Welt spielerisch zu erschließen. Wir lernen durchs Spielen auch immer etwas dazu – zum Beispiel beim Sport mit anderen umzugehen und sich an Regeln zu halten. Später transferieren wir Spielerkenntnisse in andere erfundene Ordnungen wie zum Beispiel Unternehmen, Institutionen oder auch in die Unterrichtsgestaltung in der Schule. Innovation hat auch immer etwas mit dem spielerischen Umgang mit Problemen zu tun. Das ist etwas, das Erwachsene wieder mehr machen sollten und im unternehmerischen Umfeld wieder machen müssen – Versuche starten, Szenarien simulieren und durchspielen. Denn das System, in dem wir arbeiten, verändert sich durch die Digitalisierung so radikal, dass wir gezwungen sind, auch beruflich mehr gedanklich zu spielen.
Und neben den beruflichen Gründen?
Stichwort Digital Detox. Spielen ist eine Abwechslung zum digitalisierten Arbeitsalltag.Diejenigen, die
den ganzen Tag vor dem Bildschirm sitzen, kaufen sich wieder eine Pappschachtel und machen Spielerunden mit Freunden.
Kann es denn negative Folgen haben, wenn Menschen kaum spielen?
Ja, dadurch haben sie immer nur eine Lösung im Kopf, sie haben oft eine sehr einseitige Verhaltens- und Herangehensweise an Problemstellungen. Sie glauben alles sei alternativlos und nehmen die Komplexität der Umwelt gar nicht richtig wahr.
Aber was spielen Erwachsene denn eigentlich?
Zum Beispiel Casual Games auf dem Smartphone: Millionen von Menschen spielen, wenn sie in der U-Bahn sitzen oder an der Bushaltestelle stehen. Aber auch neben den digitalen Spielangeboten gibt es viele Spielkonzepte, die auch Erwachsene ansprechen. Neben Kartenspielen erfreuen sich derzeit Escape Games großer Beliebtheit. Und auch Rollenspiele, wie zum Beispiel die Werwolf-Serie, sind ein Trend bei Erwachsenen.
Zeig mir, was du spielst, und ich sage dir, an welche Werte du glaubst. Ist das möglich?
Das würde ich nicht pauschal sagen. Spielen ermöglicht es, uns gedanklich in einer anderen Welt aufzuhalten. Aber nur, weil jemand ein Rennspiel spielt, heißt es nicht, dass er Rennfahrer werden will. Was wir ableiten können, sind Stärken und Schwächen. Etwa: Du spielst gerne Denkspiele und Strategiespiele, also hast du dort deine
Stärken.