An den Hochschulen lernen Studierende das Programmieren seit diesem Jahr mit ›Pepper‹. Der neueste menschenähnliche Roboter stellt den aktuellen Stand der Roboter-Leistung in einem Ausmaß dar, den die Erfinder des legendären Maschinenmenschen im Stummfilm ›Metropolis‹ vor mittlerweile 90 Jahren nicht im Traum hätten fantasieren können: ›Pepper‹ nutzt omnidirektionale Räder zum Antrieb und kann damit gleich schnell in alle Richtungen fahren, ohne sich erst drehen zu müssen. Zwei HD-Kameras und ein 3D-Sensor ermöglichen mit Ultraschall-Abstandsmessern sowie Lasern eine Rundum-Orientierung. Der Roboter kann sogar die Emotionen von Menschen anhand ihrer Stimmlage, Gestik und Mimik erkennen und deuten – und außerdem Objekte und Personen wiedererkennen.
Entwicklungserfolge aus der Robotik erscheinen fast täglich in den Nachrichten und Wirtschaftsexperten prognostizieren einen regelrechten Boom der Robotik-Branche: Nach einer Schätzung der Boston Consulting Group wird der weltweite Robotik-Markt voraussichtlich um jährlich zehn Prozent wachsen. Dabei zeichnen sich drei bestimmende Segmente ab: Am häufigsten sind Roboter in der Industrie anzutreffen, wo sie für höchste Präzision in den Produktionsabläufen sorgen. Schon jetzt wird ein Zehntel der industriellen Produktion durch Roboter erledigt. Den größten Robotik-Zuwachs erwartet jedoch die Medizinbranche: Schon jetzt kommen Roboter bei Operationen in Krankenhäusern vermehrt zum Einsatz. In den letzten zehn Jahren wurden über 1,5 Millionen Eingriffe mit dem Robotersystem ›Da Vinci‹ durchgeführt. Auch bei Haushalts- und Dienstleistungsrobotern rechnen Experten mit einer steigenden Nachfrage: Am stärksten sind sie bereits in Japan verbreitet, wo Roboter Bankkunden zum Schalter begleiten, Schüler zum Lernen motivieren und pflegebedürftigen Menschen helfen.
Neue Anwendungsfelder
»Durch den Einsatz innovativer Technologien erschließt sich die Robotik ständig neue Anwendungsfelder und -möglichkeiten«, weiß Stefan Sagert, Leiter der Fachabteilung Robotik beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA. »Die Mensch-Roboter-Kollaboration, die unter bestimmten Voraussetzungen die direkte Interaktion ohne trennenden Schutzzaun zwischen Roboter und Mensch ermöglicht, ist ein wichtiges Thema und schafft neue Potentiale für den Robotereinsatz auch für Unternehmen, für die der Einsatz von Robotern bisher noch kein Thema war.« Doch der Boom hat auch seine Schattenseiten: Die IT-Experten für die Robotik fehlen. »Bei der Suche nach qualifizierten Fachkräften sind die Unternehmen häufig mit einem Fachkräftemangel konfrontiert«, sagt VDMA-Experte Sagert. »Die Branche braucht Menschen, die sehr gut im Team und in Projekten arbeiten, branchenübergreifend denken und kreativ sind.« Auslandserfahrung und sehr gute Englischkenntnisse seien ein absolutes Plus.
Insbesondere in Deutschlands Vorzeige-Branche, der Automobilindustrie, ist der IT-Absolventenmangel deutlich zu spüren. Neben Trends wie Autonomes Fahren und Elektromobilität spielen Roboter vor allem in der Herstellung eine zentrale Rolle. »Die Automobilindustrie ist im Umbruch und in den kommenden Jahren werden viel Know-how, Flexibilität sowie interdisziplinäres Denken und Handeln erfordert sein«, schätzt Dr. Anna-Maria Karl, Leiterin Global Talent Sourcing bei Daimler. Neben dem klassischen Maschinenbau- und Ingenieurwissen seien bei Daimler vor allem fachliche Fähigkeiten an der Schnittstelle zwischen Technik, IT und Gesellschaft gefordert. »Roboter werden heute remote programmiert, Prozesse sind in der Cloud gespeichert und das Internet of everything bietet vielfältige Möglichkeiten«, sagt die Recruiterin und stellt dabei hohe Ansprüche an den Nachwuchs: »Gute Noten allein reichen nicht aus, eine breite Allgemeinbildung ist ein solides Fundament. Wir raten jungen Menschen, sich sozial zu engagieren.«