›Alle Räder stehen still, wenn die IK T es will.‹
Natürlich ist diese Abwandlung des Bundesliedes für den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADA V) zugunsten der Informations- und Kommunikationstechnologie provokant. Trotzdem aber hat sie eine Berechtigung, denn in hochtechnisierten Gesellschaften wie der Bundesrepublik ist es oftmals nicht mehr der ›starke Arm der Arbeiter‹, sondern Ausbildung, Kompetenz und Einsatz von Ingenieuren der IK T, die Wirtschaft und Gesellschaft ›am Laufen‹ halten. Deshalb kann man auch etwas genauer sein und definieren: Alle Drähte stehen still, wenn die IK T will. Denn diese ›Drähte‹ gehören mittlerweile zur Lebensader von Wissenschaft, Industrie und Wirtschaft.
Allein das Internet verzeichnet derzeit Zuwachsraten von bis zu 100 Prozent pro Jahr
Generell erhöht sich der gesamte Datentransfer durch Datennetzwerke sich Jahr für Jahr um das Zehnfache. Und es ist davon auszugehen, dass dieses Wachstum auch in den nächsten zehn Jahren anhalten wird. Auch mit einer starken Zunahme der Mobilfunkanwendungen ist zu rechnen. Allein für die Seiten des WWW benötigen informations- und kommunikationstechnische Systeme schon heute weltweit etwa acht Prozent der gesamten global erzeugten elektrischen Leistung. Und in den Haushalten wächst der Bedarf an Kommunikationstechnik durch zunehmende Vernetzungsmöglichkeiten im zweistelligen Prozentbereich. Kein Wunder also, dass Verbände wie der ›Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKO M)‹ und der VDE e.V. davon sprechen, IK T sei der ›Schlüssel‹ für die erfolgreiche Entwicklung und den Wohlstand.
»Der Bereich Informationstechnik und Telekommunikation hat einen festen Platz auf den vorderen Reihen der wichtigsten Branchen in Deutschland«, betont Prof. Ingo Wolff, Vorsitzender der Informationstechnischen Gesellschaft (ITG) im VDE.
Und der BITKO M rechnet vor, dass die IK T noch vor Maschinenbau, der Automobil-, Elektro- und chemischen Industrie auf Platz eins der Bruttowertschöpfung in Deutschland steht. Rund 150 Milliarden Euro jährlich setzt die Branche um. Etwa 850.000 Mitarbeiter forschen, entwickeln, vertreiben und verwalten Informations- und Telekommunikationsangebote oder bieten weiterführende Dienstleistungen auf diesem Gebiet an. »In vielen Märkten werden künftig weit mehr als 50 Prozent aller neuen Produkte durch den Einsatz von IK T entstehen«, prognostiziert der VDE in seinem Positionspapier ›IK T 2020: Fakten-Trends-Positionen‹. Die Elektroingenieure in Deutschland nähmen dabei unbestritten eine »führende Innovationsposition« ein.
Dabei könnte die Rolle weitaus tragender sein, wenn nicht rund 15.000 Stellen in diesem Bereich unbesetzt wären.
Gesucht werden dabei vor allem qualifizierte Einsteiger, die sich schon auf einzelne Produktsegmente wie Computersysteme, Software, Telekommunikation, oder Medientechnik spezialisiert haben sollten. Denn die Anforderungen an den Nachwuchs sind teils beträchtlich. In der Regel sollten die Einsteiger neben den ›üblichen‹ fachlichen Qualifikationen und sozialen Kompetenzen nicht nur Englisch sicher beherrschen. Im Idealfall vereinen sie technische Erfahrungen und Programmierfähigkeiten mit betriebswirtschaftlichen Kenntnissen. Weil vor allem Ingenieure mit sehr guten Datenverarbeitungs- und Prozessautomatisierungskenntnissen gesucht werden, gelten Elektroingenieure und Informationstechniker als prädestiniert, um an Entwicklungen mitzuarbeiten, deren Techniken ebenso faszinierend wie wegweisend sind. Dazu gehören beispielsweise Neuerungen, um dem Cloud Computing, also dem ›Rechnen und Speichern in der Wolke‹ endgültig zu seinem Siegeszug zu verhelfen und Wirtschaftsspione beziehungsweise Computerkriminelle abzuwehren. Auch der Energieverbrauch der gesamten Branche muss in den kommenden Jahren radikal reduziert werden: Mittlerweile gehört der Bereich IK T zu den größten Energieverbrauchern der Welt. Zudem ist die Nachfrage nach Kommunikationsgeräten jeder Art ungebrochen. Auch hier werden Ingenieure gefordert sein, weiterführende Ideen zu entwickeln und zu implementieren.
Trends in der IKT-Branche
Nach Prognosen des VDE werden angehende Ingenieure der Informations- und Kommunikationstechnik vor allem in drei Kernbereichen Verantwortung übernehmen: Erstens bei der Weiterentwicklung der Technik integrierter Schaltungen. Zweitens in der System- und Netztechnik, die für die Informationsbearbeitung, -speicherung und -übertragung zuständig ist. Und drittens bei der Implementierung und Nutzung der dafür notwendigen Software. Die wichtigsten industriellen Anwendungsfelder der Informations- und Kommunikationstechnik sind dabei mit den heutigen vergleichbar: Die Computerindustrie, die Softwareindustrie, die Informations- und Kommunikationsindustrie, die Halbleiterindustrie, die Unterhaltungselektronik, die Industrieelektronik sowie Anbieter von Inhalten. In den kommenden Jahren werden Elektro- und Informationstechniker dabei an folgenden Entwicklungen wesentlich beteiligt sein:
*** Neue Netztechnologien: Sie sollen bis zum Ende des Jahrzehnts unbegrenzte Transportkapazitäten für Multimediaanwendungen im industriellen, wissenschaftlichen und medizinischen Bereich ermöglichen. Dabei wird die Vielfalt und Heterogenität der Netze sogar noch zunehmen.
*** ›Organische Computer‹: Die von den Ingenieuren entwickelten Rechner der Zukunft werden sich durch intelligente, permanente Optimierungsprozesse den jeweiligen Bedürfnissen des menschlichen Lebens und Zusammenlebens bestens anpassen.
*** IKT-Ingenieure: Sie werden Mechanismen entwickeln, wie sich diese organischen Computer selbst konfigurieren, reparieren und schützen können.
*** Breitbandigkeit und eine geringe Reaktionszeit: Wie wir dies bereits aus dem Festnetz gewohnt sind, werden diese beiden Themen auch bei der mobilen Kommunikation das beherrschende Thema sein. In den kommenden Jahren werden Ingenieure verstärkt daran arbeiten, 4G/LTE-Systeme in den Betrieb gehen zu lassen und weiterzuentwickeln. FFF Probleme des heutigen Internetprotokolls: Diese zu beheben, wird eine der Kernaufgaben der IK T-Ingenieure sein. Insbesondere Mobilfunkkanäle sollen dann deutlich effizienter nutzbar sein und eine verbesserte Flexibilität und Sicherheit aufweisen.
*** Neurocomputing: Dahinter verbirgt sich die intelligente Nachbildung biologischer neuronaler Funktionen. Hier ist davon auszugehen, dass Neurocomputing in den kommenden Jahren soweit erforscht ist, dass es als technisch ausgereift gelten kann. Diese Technik, die beispielsweise eine assoziative Informationsverarbeitung (also mitdenkende Systeme) ermöglicht, soll dann die Grundlage dafür bilden, entscheidungsunterstützende Systeme in den Betrieben zu optimieren.
*** Elektronische Bildinterpretation und Softwareagenten mit Lernund Wahrnehmungsfunktion: IK T-Ingenieure werden verstärkt daran arbeiten, solche Systeme zu entwickeln. Vor allem die Entwicklung von dreidimensionalen ›Augmented-Reality‹- Anwendungen wird auf dem Vormarsch sein: So soll es beispielsweise möglich sein, Informationen aus Datenbanken mithilfe von Datenbrillen und Miniprojektoren in das reale Sichtfeld des Betrachters einzublenden. Bereits heute verwenden erste Bauunternehmen vergleichbare Systeme, um noch auf der ›grünen Wiese‹ das fertige Gebäude ›real‹ betrachten und zu jedem der verbauten Materialien detaillierte Informationen aufrufen zu können.