Roboter KI Künstliche Intelligenz
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Killt Künstliche Intelligenz unsere Jobs?

K.O. durch K.I.? Prof. Ute Schmid über Zukunftsskills & Co.

 

Viele Menschen fürchten beim Begriff »Künstliche Intelligenz« um ihre Arbeitsplätze. Sind diese Ängste gerechtfertigt?


Mit Beginn des aktuellen KI-Hypes vor etwa vier Jahren wurde tatsächlich häufig genau die Idee der rein autonomen KI-Systeme propagiert, die in vielen Bereichen der Arbeitswelt und des Alltags eingesetzt werden sollten. Zum Glück ist inzwischen fast überall die Erkenntnis angekommen, dass es in vielen Bereichen weder möglich noch wünschenswert ist, Menschen durch KI zu ersetzen. Stattdessen hat sich die europäische KI-Forschung die sogenannte mensch-zentrierte KI auf die Fahnen geschrieben.

Was genau ist Künstliche Intelligenz?

Künstliche Intelligenz ist ein Teilgebiet der Informatik, das 1956 begründet wurde. Die Gründerväter teilten die Annahme, dass sich alle Aspekte menschlichen intelligenten Verhaltens so formal fassen lassen, dass sie als Computerprogramm simulierbar sind. Eine häufige Fehlvorstellung ist, dass ein KI-System über allgemeine intelligente Fähigkeiten verfügt. Die meisten KI-Systeme sind genau für ein, eng abgegrenztes Problem entwickelt und können auch nicht mehr. Man spricht hier von schwacher KI. Wir Menschen neigen aber dazu, unsere Art der Intelligenz auch KI-Systemen zuzuschreiben: Wir vermuten, dass ein System, das sehr gut Fußgänger erkennt, auch andere Dinge, zum Beispiel Tiere gut erkennt und dass es weitere Fähigkeiten hat, etwa bewusst zu entscheiden. Im Kontext des autonomen Fahrens kam es so zur Debatte des sogenannten Trolley Problems, einem moralphilosophischen Gedankenexperiment: Darf ein autonomes System entscheiden, welches Leben schützenswerter ist? Allerdings würde ein System, das dafür gemacht ist, Fußgänger zu erkennen zunächst gar keine Fähigkeit haben, zu erkennen, welches Geschlecht oder Alter eine Person hat. Wenn dies gewünscht wäre, müsste man diese Erkennungsleistung zusätzlich programmieren.

Wie verändert KI unser zukünftiges Arbeitsleben?

Die meisten der aktuell diskutieren KI-Anwendungen basieren auf datenintensiven Ansätzen des maschinellen Lernens. Zum Beispiel ermöglichen tiefe neuronale Netze, dass Modelle aufgebaut werden, die Bilddaten klassifizieren können. Damit könnten zum Beispiel Tumore in Mikroskopie-Bildern von Gewebeschnitten klassifiziert werden. Die meisten Ansätze des maschinellen Lernens verlangen, dass auf einen Schwung sehr viele korrekt annotierte Trainingsdaten zur Verfügung stehen. Um tiefe Netze zu trainieren, werden leicht eine halbe Million oder mehr Daten benötigt. Beispielsweise müsste bei den Gewebeschnitten jeweils angegeben sein, welche Art von Tumor darauf zu sehen ist. Wenn die Daten fehlerhaft sind, dann wird auch ein fehlerhaftes Modell gelernt. Für viele Bereiche im Arbeitsleben können die Annotationen nur von Expert*innen vorgenommen werden. Das kostet Zeit und Geld. Ist das Netzwerk einmal trainiert, dann funktioniert es wie ein komplexer Sensor. Es ist eine Blackbox, die für ein neues Bild, eine Klassenentscheidung ausgibt. Das Netz lernt nicht mehr weiter und anders als ein Mensch kann es seine Entscheidungen nicht bewerten. Aktuell wird an Ansätzen gearbeitet, die Abschätzungen von Entscheidungsunsicherheiten miteinzubeziehen. Aber prinzipiell weiß das Netz nicht, was es tut und es würde auch nicht merken, wenn es auf einmal Bilder aus einem ganz anderen Bereich erhält und einfach stur seine Klassifkationsentscheidung ausrechnen. Ein Fokus auf maschinelles Lernen mit tiefen Netzen birgt also die Gefahr, dass Menschen – sogar langjährig ausgebildete Fachleute – zu Datenlieferanten degradiert werden und dass Menschen zu reinen Abnickern von Entscheidungsvorschlägen von intransparenten KI-Systemen werden. Dass genau das nicht passieren soll, ist gemeint, wenn man von menschzentrierter KI spricht. In der aktuellen Forschung wird an Ansätzen der sogenannten explainable artificial intelligence, kurz XAI, gearbeitet, um maschinelles Lernen so weiterzuentwickeln, dass Modelle transparent und nachvollziehbar werden.

Welche Kompetenzen werden durch die digitale Transformation für Mitarbeiter*innen immer wichtiger, um nicht ersetzbar zu werden?

Zum einen sollten alle Mitarbeiter*innen ein Grundverständnis davon haben, was unter Digitalisierung zu verstehen ist. Da geht in der aktuellen Diskussion viel durcheinander, beispielsweise wird manchmal KI mit Digitalisierung gleichgesetzt. Digitalisierung meint die Umwandlung von analog vorliegender Information in ein digitales Format.

Und welche Skills sind noch wesentlich?

Meiner Meinung nach ist am allerwichtigsten, dass Menschen hohe fachliche Kompetenz in ihrem jeweiligen Bereich haben, um nicht ersetzbar zu sein. Auch wenn die KI-Forschung große Fortschritte macht, wird ihre Stärke weiter vor allem darin bestehen, Informationen aus hochkomplexen Datenbeständen zu extrahieren. Menschliche Expertise basiert dagegen auf Erfahrungswissen und Allgemeinwissen. Menschliche Expert*innen erkennen Auffälligkeiten sofort, sie können Problemlösungen flexibel und robust an verschiedene Kontextbedingungen anpassen. Menschliche Expertise beruht auf tiefem Verständnis und auf transferierbarem Handlungswissen. Entsprechend ist es für die Bildung der Zukunft wichtig, dass wir nicht so viel Gewicht auf Reproduktion von Auswendiggelerntem legen, sondern, dass wir Verständnis von Konzepten sowie Problemlösefähigkeiten vermitteln. Um dies am Beispiel Mathematik zu verdeutlichen: Mathematische Kompetenz baut man nicht auf, in dem man Rechenwege einpaukt, sondern in dem man Verständnis dafür weckt, warum bestimmte Rechenwege zum Ziel führen, das kann man besser durch Textaufgaben und Beweise erreichen, als durch stupides Ausführen von Rechenregeln.



Prof. Dr. Ute Schmid ist Professorin für Angewandte Informatik an der Uni Bamberg und Psychologin; lehrt und forscht in den Bereichen Künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen und kognitive Modellierung. Ute Schmid widmet sich intensiv der Förderung von Frauen in der Informatik.

KI & die Branchen: «Es wird kaum eine Branche geben, in der KI nicht genutzt werden kann. Wichtig ist, dass wir uns klar machen, welche Aspekte unseres Berufs- und Privatlebens wir gerne von KI unterstützen lassen wollen und welche nicht.«

KI wofür? «Ich würde z.B. in einem Seniorenheim das gemeinsame Spazierengehen nicht unbedingt von intelligenten Robotern unterstützen lassen. Ich plädiere sehr dafür, KI einzusetzen, um Menschen zu entlasten, damit sie dann mehr Zeit für die Dinge haben, die typisch menschlich bleiben sollten – sei es das Streicheln über die Hand oder gemeinsames Essen.«

Also kein Emotionaler Hausroboter? «Aus Sicht der Grundlagenforschung ist es interessant, an Themen wie Emotionen oder Kreativität zu arbeiten, um deren zugrundeliegende Mechanismen besser zu verstehen. Im Alltag möchte ich persönlich aber keinen emotionalen Hausroboter haben.«

 


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