Herr Dr. Meinecke, ist die digitale Transformation von Unternehmen nur ein weiterer Hype, der bald von einem anderen ersetzt wird?
Die digitale Transformation wird genauso wenig wieder verschwinden wie die Elektrizität. Sie wird unser Leben in den kommenden fünf bis zehn Jahren sogar stärker verändern als in den 50 Jahren zuvor.
Es handelt sich also um einen nachhaltigen Prozess. Welche Chancen birgt er?
Digitalisierung macht das Leben der Menschen einfacher und bietet Unternehmen die Chance, völlig neue Märkte zu erschließen sowie neuartige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Wer bevorzugt heute noch den Faltplan vor der Navigations-App oder geht in die Videothek anstatt einen Streamingdienst zu nutzen? Selbst in solch datensensiblen Bereichen wie Gesundheitswesen und Pflege gibt es ein riesiges Interesse an digitalen Technologien.
Welche Herausforderungen entstehen durch den digitalen Wandel?
Unternehmen müssen bereit sein, Dinge in Frage zu stellen. Und sie müssen noch stärker als bisher in die Digitalkompetenz ihrer Mitarbeiter investieren. Die Digitalisierung dreht sich in erster Linie nicht um Technik, sie benötigt kluge Köpfe.
Gibt es Unternehmen oder Branchen, die die digitale Transformation besonders betrifft?
Sie betrifft alle Branchen – es gibt jedoch einige, die damit bereits weiter sind als andere, etwa die Finanzbranche. Aber die digitale Transformation verändert das Gesundheitswesen genauso nachhaltig wie die Landwirtschaft.
Wie sieht die Zukunft für Unternehmen aus, die die digitale Transformation bisher noch nicht in Angriff genommen haben?
Diesen Unternehmen muss bewusst sein, dass Digitalisierung ein exponentieller Prozess ist. Wer heute nichts tut, der wird sich morgen umso mehr anstrengen müssen, um den Vorsprung der anderen aufzuholen. Digitalisierung ist kein Naturereignis, sondern eine Gestaltungsaufgabe. Sie ist keine Kür, sondern Pflicht für jedes Unternehmen und für jedes Management.
Wie können sich Unternehmen gegen innovative Start-ups rüsten und behaupten?
Das alte Bild der Start-ups gegen etablierte Unternehmen gehört weitgehend der Vergangenheit an. Immer öfter kooperieren Start-ups und Unternehmen aus den verschiedensten Branchen. Start-ups erhalten so Zugang zum Markt und zu einem umfangreichen Wissen über die Bedürfnisse der Kunden, wie wir es etwa bei innovativen Mittelständlern finden. Die etablierten Unternehmen hingegen bekommen Know-how zu innovativen Technologien und ein Entwicklungstempo, dass sie in ihren eigenen Strukturen nur schwer abbilden können.
Welcher ist der wichtigste Schritt bei der Transformation?
Es gibt nicht den einen Schritt. Digitalisierung braucht vor allem agile Manager. Sie müssen für drei Dinge sorgen: Vision, Action, Speed. Das heißt: Erstens eine Digitalstrategie, die idealerweise für das ganze Unternehmen gilt und die Entwicklung neuer, digitaler Geschäftsmodelle in den Fokus rückt. Zweitens Investitionsbereitschaft – und zwar von Zeit und Geld. Eine erfolgreiche Digitalisierung braucht Ressourcen und wer Digitalisierung nur halbherzig angeht, der braucht gar nicht damit anzufangen. Und drittens sollte jedes Unternehmen Zukunftstechnologien nutzen oder zumindest mit ihnen experimentieren – und das lieber heute als morgen.
Welche Rolle spielt die IT-Sicherheit beim Run auf Innovation und Digitalisierung?
IT-Sicherheit und Datenschutz sind zwei Themen, die bei der Digitalisierung immer im Fokus stehen sollten – gerade weil sich dadurch speziell deutsche Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten aus anderen Ländern erarbeiten können.