Baby sitzt in Windel im Sand

Berufseinstieg als Verfahrenstechniker

Mit chemischen und biologischen Prozessen haben Ings nix am Hut? Da protestieren aber die Verfahrenstechniker. Beispiel: Babywindeln!

Synthetischer Kautschuk, Dämmstoffe für den Hausbau, Licht- und Frostschutzmittel oder auch wasseraufsaugende Kunststoffe für Babywindeln – um diese Produkte herzustellen, laufen an den über 390 Produktionsstandorten der BASF, des weltweit größten Chemiekonzerns, tagtäglich die verschiedensten chemischen und biologischen Prozesse ab, um genau jene Stoffe mit den gewünschten Eigenschaften zu gewinnen. Entwickelt, umgesetzt und überwacht werden diese Prozesse von Verfahrenstechnik-Ingenieuren der BASF. Eine von ihnen ist Reka Kerekes. 

»Die Verfahrenstechnik bietet meiner Meinung nach einen guten Überblick über alle technischen Prozesse und Anlagen«, sagt die 30-Jährige, die derzeit an einem Konzept zur Verbesserung der Instandhaltung der BASF-Anlagen arbeitet. »Mit der Verfahrenstechnik hat man ein breites Spektrum an Jobmöglichkeiten in vielen Industriezweigen.«

Einstieg nach dem Studium der Verfahrenstechnik

Nach ihrem Studium der Verfahrenstechnik in Ungarn und Deutschland hat Reka Kerekes deshalb erst Stationen in der Metallindustrie und Holzindustrie durchlaufen, bevor sie als Verfahrenstechnikerin zur BASF kam. Hier genießt sie ihr breit aufgestelltes Aufgabenspektrum. »Anschließend kann man sich ja immer noch spezialisieren – je nachdem, ob man sich eher als Spezialist oder als Generalist sieht.« 

Tatsächlich sind Verfahrenstechniker die Generalisten unter den Ingenieuren: Sie entwickeln und betreiben Herstellungsverfahren, in denen mittels chemischer, biologischer oder physikalischer Prozesse Produkte mit gewünschten Eigenschaften aus Rohstoffen erzeugt werden. Das können Nahrungsmittelzusätze mit entzündungshemmender Wirkung sein, die aus Bakterien gewonnen werden. Oder auch Arzneimittel wie Insulin, das aus den Bauchspeicheldrüsen von Schweinen hergestellt wird. Aber auch die Verfahren zur Herstellung von Düngemittel, Lacken oder Brennstoffen werden von Ingenieuren der Verfahrenstechnik entwickelt und umgesetzt. 

 

Berufsperspektiven als Verfahrenstechniker

Die Berufsperspektiven von Verfahrenstechnikern sind glänzend: Laut Verein Deutscher Ingenieure (VDI) liegt allein in Deutschland der jährliche Bedarf bei 1.300 bis 1.700 Universitätsabsolventen und Abgängern von Fachhochschulen, die den Bedarf der Industrie kaum decken können. Und weil die Studienanfängerzahlen seit Jahren rückläufig sind, wird der Hunger der Arbeitgeber nach Ingenieuren der Verfahrenstechnik längerfristig sogar noch wachsen, schätzt der Berufsverband VDI. 

Nicht nur in der Industrie, wo rund 70 Prozent der Verfahrenstechniker zum Beispiel in Forschung und Entwicklung oder im Anlagenbau tätig sind, gibt es zahlreiche Stellenangebote. Auch in freien Berufen (derzeit rund fünf Prozent) sind Verfahrenstechnik-Ingenieure unterwegs. Im öffentlichen Dienst arbeiten sie unter anderem in der Lehre an Hochschulen und in der Forschung im öffentlichen Institutionen. 

Die größten Arbeitgeber für Verfahrenstechniker

Zu den größten Arbeitgebern für Verfahrenstechniker zählen Chemieriesen wie die BASF. Dort sind derzeit 1.750 Ingenieure angestellt, die meisten davon sind Verfahrenstechniker.

»Im Jahr 2011 haben wir insgesamt 450 Hochschulabsolventen eingestellt. Davon waren ein Drittel Ingenieure, der Großteil davon Verfahrenstechniker«, berichtet Sarah Ulmschneider-Renner, die bei der BASF SE für Talent Resourcing verantwortlich ist. »Der Ingenieursmarkt ist derzeit knapp, aber gerade in der Chemieindustrie brauchen wir viele Verfahrenstechniker.« 

 Dabei gebe es für Verfahrenstechniker viele Möglichkeiten, sich innerhalb der BASF weiterzuentwickeln. »Sie können eine Expertenkarriere anstreben oder sich auf eine Managementkarriere mit Führungsverantwortung vorbereiten«, sagt die BASF-Recruiterin. Ebenfalls gibt es die Möglichkeiten, sich eher in der Breite zu entwickeln und fachfremde Richtungen wie Marketing oder Personalwesen anzustreben. 

 

Entwicklungschancen als Verfahrenstechniker

So sieht das auch Michael Schieweck, der als studierter Verfahrenstechniker seine Karriere bei dem Technik-Dienstleister Brunel eingeschlagen hat: 

»Da das Arbeitsfeld der Verfahrenstechnik sehr weitläufig ist, kann sich jeder vom Sachbearbeiter zum Projektleiter oder auch zum Manager hocharbeiten«, weiß der 42-Jährige, der bei der Brunel GmbH für Klimasysteme in Fahrzeugen verantwortlich ist. »Weil es sich dabei um einen Kältekreislauf handelt, sind in meinem Beruf Kenntnisse aus der Thermodynamik, Feinwerktechnik, Elektrotechnik und dem Projektmanagement erforderlich.«

Schiewecks Kollegin Christina Hirschmann hat im selben Unternehmen einen anderen Weg eingeschlagen: Nach ihrem Studium der Verfahrenstechnik mit dem Schwerpunkt Energie- und Umwelttechnik in Nürnberg stieg sie bei Brunel im Bereich der Gas- und Dampfturbinen ein, für deren technische Abwicklung die Verfahrenstechnikerin zuständig ist. Dass ihr Berufsprofil den Weg in die unterschiedlichsten Branchen öffnet, ist für Christina Hirschmann besonders attraktiv:

»Die Verfahrenstechnik ist fast in jedem produzierenden Industriebereich vertreten, so dass man neben der Automobilindustrie zum Beispiel auch in der Energieerzeugung, im Recycling oder in der Lebensmittelindustrie arbeiten kann.«

An Verfahrenstechnikern wie Christina Hirschmann und Michael Schieweck gibt es bei Brunel in Deutschland circa 100, doch Martin Riering, Account Manager der Brunel-Niederlassung in Duisburg, rechnet in der Industrie generell mit einer wachsenden Nachfrage: »Die Entwicklungsmöglichkeiten sind derzeit hervorragend, denn im Zuge der geplanten Investitionen wird der Bedarf an Ingenieuren der Verfahrenstechnik eher weiter zunehmen.« Besonders für die Planung und Prüfung von Großanlagen im Bereich Maschinenbau und Elektrotechnik sowie im Chemieingenieurwesen erwartet Riering in Zukunft neue Jobpotenziale. »Aktuell gibt es für den Apparate- und Sondermaschinenbau bei kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie für den Bereich der Anlagenplanung großer Konzerne eine erhöhte Nachfrage«, weiß Brunel-Spezialist Riering. 

 

Perspektive: Verfahrenstechnik-Ingenieure werden immer gebraucht

Doch nicht nur die anstehenden Neuinvestitionen der Industrie werden Verfahrenstechnik-Ingenieure in Zukunft zur noch heißeren Ware werden lassen. Wie in vielen Disziplinen der Ingenieurtechnik steht auch hier ein gewaltiger Generationswechsel kurz bevor. »Das durchschnittliche Beschäftigungsalter der in der Verfahrenstechnik tätigen Ingenieure ist hoch«, weiß Dirk Lind, Leiter der Brunel-Niederlassung in Mannheim aus eigener Erfahrung. »Und weil in den letzten Jahren nur wenige Ingenieure der Verfahrenstechnik ausgebildet wurden, wird das mittelfristig zu einem Fachkräftemangel führen.« Das ist Pech für die Arbeitgeber – für angehende Verfahrenstechniker ist diese Entwicklung ein Segen. 

 


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