Ohne sie wären das Starten, Fliegen und Landen unmöglich oder zumindest weitaus gefährlicher, und wir könnten uns hoch über den Wolken nicht mit der Bordunterhaltung bei Laune halten: Navigations- und Funkgeräte, Radarsysteme, Monitore, TV-Empfang oder Telefonanlagen sorgen für einen reibungslosen Flug, unsere Sicherheit und unsere Abwechslung. Dafür verantwortlich sind sie: Avionikingenieure. Ihre Berufsbezeichnung ist ein Kunstwort aus Aviation und Elektronik – und lässt bereits erahnen, worum es geht: Avionikingenieure entwickeln, implementieren und kontrollieren die komplexe Bordelektronik von Flugzeugen. Ein spezielles Studium gibt es für sie hierzulande zumindest bislang nicht – weshalb Absolventen verschiedener Fachrichtungen den Weg zum Avionikingenieur einschlagen können. So zum Beispiel bei der Rücker Aerospace GmbH, deren Leistungsspektrum vom Flugzeuginnenraumstyling, der Entwicklung von Modellen und Prototypen über die Berechnung von Rumpf- und Flügelstrukturen bis hin zu kompletten Kabinenausstattungen reicht. »Wir suchen dafür vor allem Absolventen der Studienrichtungen Luft- und Raumfahrt, Luftfahrttechnik und -logistik, Maschinenbau, Elektrotechnik, Elektronik oder Wirtschaftsingenieurwesen«, erklärt Verena Istel, Leiterin Externes Geschäft/Head of Sales bei der Rücker Aerospace GmbH. Doch das beste Studium nützt nur wenig, wenn eines fehlt: Praxiserfahrung. Gerhard Engelbrecht, Geschäftsführer der Bostonair GmbH und Vorstandsmitglied des Luft- und Raumfahrtzuliefererverbandes Hanse-Aerospace e.V., hat dazu einen klaren Standpunkt: »Praxiserfahrung spielt im Bereich der Avionikingenieure eine große Rolle, schließlich verwenden die Hersteller von Flugzeugen alle ganz unterschiedliche Systeme. Wer hier spezielle Erfahrungen mitbringt, findet sich leichter in neue Aufgaben ein und hat insofern ganz klare Vorteile.«Logisch, fachliches Wissen bildet den Grundstein für das Meistern technologischer Herausforderungen, wie sie die Elektronik von Flugzeugen nunmal mitbringt. Dennoch sind Soft Skills nicht weniger entscheidend, wie Hans-Martin Mensch, studierter Elektrotechniker und Standortleiter Aviation beim Ingenieurdienstleister Ferchau betont: »Ganz entscheidend sind die persönliche Motivation, die Eigeninitiative und die soziale Kompetenz. Im Bewerbungsgespräch«, fährt er fort, »überzeugen uns Kandidaten, die ein hohes Maß an Interesse und Engagement zeigen. Nur so wird man die fachlichen Qualifikationen erfolgreich umsetzen können.« Als Avionikingenieur wird schließlich nicht im stillen Kämmerchen vor sich hingetüftelt. »Das Zusammenwirken in Luftfahrzeugen ist äußerst komplex und erfordert eine gute Zusammenarbeit mit benachbarten Teams und Partnerfirmen«, erklärt Mensch, für den sich ein Avionikingenieur auch durch seinen langen Atem auszeichnet. Den erfordern beispielsweise die notwendige Zulassung elektronischer Systeme und die anschließende akribische Dokumentationsarbeit.Entsprechend hoch ist der Wert, den Unternehmen auf die Einarbeitung ihrer neuen Mitarbeiter legen müssen. Bei der Lufthansa Technik weiß man darum und hat verschiedenste Maßnahmen ins Leben gerufen: »Damit Neueinsteiger sich in unserem Unternehmen schnell zurecht finden, steht unseren Trainees die gesamte Zeit über ein Mentor mit langjähriger Führungserfahrung innerhalb der Lufthansa Technik zur Seite«, erklärt Janine Gänsicke, die als Personalreferentin für die Themen Personalmarketing und Employer Branding zuständig ist. »Des Weiteren hat jeder Trainee einen Buddy, sprich einen ehemaligen Trainee, der sich bestens auskennt. Allgemein bietet die Lufthansa Technik viele Netzwerkveranstaltungen an. Das Netzwerkprogramm Junior Round Table (JRT) richtet sich an alle Nachwuchskräfte bei Lufthansa, die Möglichkeiten suchen, mehr über das Unternehmen zu erfahren, die Luftfahrtbranche genauer kennenzulernen und mit Kollegen aus allen Bereichen des Konzerns zusammen zu kommen.« Klingt nach einem abwechslungsreichen Berufsalltag – von Anfang an. Für Hans-Martin Mensch von Ferchau zeichnet der sich vor allem aus durch »die Nähe zu den Produkten der Luft- und Raumfahrtbranche, gepaart mit dem besonderen Enthusiasmus der Avionikingenieure«. Was Mensch damit meint, wird deutlich, wenn man Arne Vieth, Geschäftsführer der Sogeti High Tech GmbH und Vorstandsmitglied bei Hanse-Aerospace, zuhört: »In der Luftfahrt geht es um ein extrem faszinierendes Endprodukt. An der Entwicklung, Konstruktion oder Wartung von Flugzeugen beteiligt zu sein, ist schon etwas ganz besonderes.« Dass ein Arbeitstag dem anderen fast nie gleicht, ergibt sich da von selbst. So werden elektronische Geräte konzipiert und entwickelt und alle Informationen an die Produktion weitergegeben. Dabei gilt es zu beachten, dass die Geräte den speziellen Anforderungen, die eine große Flughöhe und erhebliche Temperaturschwankungen mit sich bringen, genügen müssen. Nicht zuletzt gilt es auch, den passenden Platz im Flugzeug zu finden und das Gewicht der Elektronik im Auge zu behalten. Gerade darin bestehen die Herausforderungen für Hartwig Dirscherl, Geschäftsführender Gesellschafter der Philotech GmbH und Vorsitzender des Unterforums Ingenieur-Dienstleister des Bundesverbands der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI), die den Arbeitsalltag von Avionikingenieuren so einzigartig machen: »Für Avionikingenieure geht es um das Lösen von Problemen im Spannungsfeld zwischen Systemanforderung, Implementierungsaufwand und Testfähigkeit von Avioniksystemen. Zum Teil gehen wir bis an physikalische Grenzen. Zudem benötigen wir die Fähigkeit, einen Spagat zwischen der schnelllebigen Consumer-Elektronik und den längerfristigen Zyklen einer Avionikentwicklung machen und beide Welten verstehen zu können. Dazu gehört es auch, unser Wissen stetig zu erweitern.«Die Zeit steht schließlich nicht still – ständig wollen neue Erkenntnisse aus Forschung und Entwicklung in der Praxis umgesetzt und angewandt werden. Dass sich das in naher Zukunft ändern wird, ist nicht abzusehen. »Die Zukunft der Avionikingenieure«, ist sich Arne Vieth von Hanse-Aerospace sicher, »wird immer komplexere Aufgaben mit sich bringen, weil die elektronischen Systeme im Flugzeug immer komplexer werden. Das ist eine große Herausforderung und verlangt viel Fachwissen und die Bereitschaft, sich in diese Materie einzuarbeiten und auch den Dialog mit anderen Fachrichtungen zu pflegen.« Hartwig Dirscherl vom BDLI kann zukünftigen Avionikingenieuren ebenfalls eine rosige Prognose mit auf den Weg geben: »Die Zukunft für Avionikingenieure«, ist er sich sicher, »ist höchst interessant und sowohl kurz- als auch langfristig attraktiv mit sehr guten Berufsaussichten. Die Entwicklung neuer Flugzeugplattformen, ob zivil oder militärisch, ist in Europa auf viele Jahre hinaus nicht geplant, während die Avionik oder auch Bordelektronik laufend den kurzen Zyklen der Elektronikindustrie angepasst oder ersetzt werden müssen.«