Foto: Donald Giannatti/Unsplash

Ingenieur für Satellitentechnik: Arbeitswelten

Es gibt mehr Jobs zwischen Himmel und Erde als die Schulweisheit sich träumen lässt – zum Beispiel als Ingenieur für Satellitentechnik, oder anders: als Weltraummissonar

Über vier Jahre lang war das Planck-Weltraumteleskop im Dienst des europäischen Raumflugkontrollzentrums ESA um die Erde gekreist. Doch im vergangenen Oktober wurde das Zwei-Tonnen-Observatorium abgeschaltet – es hatte seine Mission erfüllt:

Mit Hilfe von ›Planck‹ hatten Forscher die Reststrahlung des Urknalls beobachtet, die sogenannte kosmische Mikrowellen-Hintergrundstrahlung, und zeichneten Temperaturschwankungen auf, die aus einer Zeit vor 13,8 Milliarden Jahren stammen. Niemals zuvor hatte ein Satellit so genaue Messungen vorgenommen. Für Alexandra Isele, Ingenieurin beim Raumfahrtunternehmen RUAG Space in Berlin, war die Mitarbeit an Hochtechnologie wie dem Planck-Weltraumteleskop immer ein Traum:

»Die große Faszination ist, denke ich, darin begründet, das wir durch das Mitwirken an einer Satellitenstruktur auch automatisch Teil einer Weltraummission sind«, sagt die 31-jährige, die an der Universität Stuttgart Maschinenbau studiert hat. »Wir können hier einige Jahre nach Ablieferung einer Struktur den Start der Rakete verfolgen, deren Nutzlast dieser eine Satellit ist. Je nach Art des lliten kann er möglicherweise sogar Bilder von seiner Reise durch das Weltall auf die Erde senden. Und wir können diese Mission miterleben.«

Satellitentechnik: Bei Weltraummissionen dabei!

Diverse Wissenschaftsmissionen wie das Weltraumteleskop Planck, an dem die RUAG Space beteiligt war, liefern heute der Wissenschaft wertvolle Informationen über das Alter des Weltalls oder die Zusammensetzung der schwarzen Materie. »Die Raumfahrtbranche ist einfach faszinierend«, sagt Alexandra Isele. »Satelliten zu konstruieren und auch am Aufbau beteiligt zu sein, ist eine sehr spannende und wertvolle Aufgabe.« Die Satelliteningenieurin arbeitet als Leiterin eines kleinen Teams, das sich ›Materials and Processes‹ nennt.

»Wir sind zuständig für die Auswahl der zu verwendenden Materialien und die Definition des Herstellprozesses bei den Satellitenstrukturen«, erklärt Isele. »Zusammen mit dem Entwicklungsteam legen wir fest, ob ein Bauteil beispielsweise aus Aluminium oder aus Titan gefertigt wird, in welcher Art es hergestellt wird und wie es beschichtet werden soll.«

Satellitentechnik: Extreme Herausforderungen

Häufig arbeitet das Team von Alexandra Isele auch mit kohlefaserverstärktem Kunststoff und stellt daraus extrem leichte, biegesteife Platten oder Formbauteile her. »Die Aufgabe meines Teams ist es dann, die Rohmaterialien zu bestimmen und zu überlegen, wie dieses Bauteil hergestellt wird. Wir beschreiben am Ende die Art der Produktion und können auch beim Aufbau der Teile als Berater mitwirken.« Besonders spannend für Alexandra Isele sind Wissenschaftsmissionen, die weit in die Tiefe des Weltalls vordringen.

»Die dort herrschenden, extremen Temperaturunterschiede sind eine große Herausforderung für alle Materialien und Beschichtungen«, sagt die Ingenieurin. »In unserer Branche ist es enorm wichtig zu wissen, ob ein Material die Bedingungen im All unbeschadet übersteht und seine Funktion unbeeinträchtigt bleibt.«

Umfangreiche Belastungstests mit Bauteilen und Beschichtungen, bei denen Weltraumbedingungen simuliert werden, gehören deshalb zu Alexandra Iseles Joballtag. Das aktuelle Beispiel aus der Forschung zeigt: Die Satellitentechnik ist alles andere als ein Auslaufmodell.

Ingenieure in der Satellitentechnik: Hervorragende Perspektiven!

»Ingenieure im Raumfahrtbereich mit besonderen Kenntnissen in Satellitentechnik haben sehr gute Berufsaussichten und Karrierechancen«, betont Prof. Dr.-Ing. Klaus Brieß vom Institut für Luft- und Raumfahrt an der Technischen Universität Berlin. Sowohl in der Raumfahrtindustrie, in der Raumfahrtforschung, im Raumfahrtmanagement und auch im Satellitenbetrieb sei der Bedarf anhaltend groß. »Der Hintergrund: Satelliten werden auch in Zukunft in großer Zahl und Vielfalt gebraucht«, weiß Klaus Brieß. Sie ersetzten nicht nur alte Systeme, sondern erfüllten auch neue Aufgaben – unter anderem in den Anwendungsbereichen Erdfernerkundung, Erdüberwachung, Frühwarnung, Kommunikation, Navigation, Technologieerprobung, Erforschung des Weltraums sowie Forschung unter Weltraumbedingungen.

Die Satellitentechnik ist dem Branchensektor Luft- und Raumfahrt zugeordnet, die zuletzt einen Umsatz von 28,38 Milliarden Euro erwirtschaftete. Die Branche wächst kontinuierlich von Jahr zu Jahr kontinuierlich. Rund 105.500 Menschen sind in der Luft- und Raumfahrtindustrie beschäftigt. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums trägt zum Umsatz die zivile Luftfahrt rund 69 Prozent bei, gefolgt von der militärischen Luftfahrt (circa 22,5 Prozent) und der Raumfahrt (8,5 Prozent). Die Branchenperspektiven für Wachstum und Beschäftigung sind laut Ministerium vor allem mittel- und langfristig weiterhin günstig. Diese positive Prognose wird durch die zahlreichen Geschäftsbeschlüsse auf bedeutenden europäischen und internationalen Luftfahrtausstellungen in Berlin, Le Bourget, Farnborough, aber auch Dubai gestützt.


»Raumfahrtingenieure müssen sehr effizient mit sehr verschiedenen Disziplinen kommunizieren können. Dafür sind exzellente Sprachkenntnisse in Deutsch und Englisch notwendige Voraussetzung.«

Prof. Dr.-Ing. Klaus Brieß, Institut für Luft- und Raumfahrt, TU Berlin



»Die Aussichten für Ingenieure in der Satellitentechnik sind äußerst gut«, bestätigt Marc Hexspoor, Vice President Human Resources bei der RUAG Space. »Die Herausforderungen sowie die Möglichkeiten nehmen kontinuierlich zu, und zudem stoßen immer mehr Firmen auf den Markt.« Allein bei der RUAG Space würden pro Jahr 20 bis 30 Ingenieure neu eingestellt, das Unternehmen rechnet in den kommenden Jahren mit einem gleich bleibenden Fach- und Führungskräftebedarf im Bereich der Satellitentechnik. »Bei uns finden sie ein breites Spektrum verschiedener Aufgaben – vom System Engineering, über Konstruktion, Projekt Management und Product Assurance«, sagt Personaler Marc Hexspoor. »Zudem werden zukünftig in der Integration von Komponenten, bei den Materialwissenschaften und der Kommunikation vermehrt Arbeitsfelder entstehen.«

Satellitentechnik: Projekte sind langfristig geplant

Dass Forscher kurzerhand eine Weltraummission beschließen und im Eiltempo einen Satelliten konstruieren und ins All schießen, gibt es jedoch nur in Science Fiction-Filmen, weiß Alexandra Isele: »Die Projekte, an denen wir mitarbeiten, sind häufig sehr langatmig, und es können sich während des Projektes immer auch noch viele technische Anforderungen ändern.

Dies ist sicherlich eine der größten Herausforderungen der Branche.« Als Satellitentechniker brauche man Geduld, betont Isele, allerdings werde man mit spannenden Projekten belohnt.

Die Anforderungen an den Nachwuchs sind komplex und gestalten sich je nach Stellenprofil. So spielten bei RUAG Space-Ingenieurin Alexandra Isele zum Beispiel ihre Kenntnisse im Leichtbau die entscheidende Rolle. Bereits während ihres Studiums hatte Isele bei einem Sportwagenhersteller Erfahrungen mit Leichtbaumaterialien gesammelt.

Laut Klaus Brieß vom Institut für Luft- und Raumfahrt in Berlin müssen Ingenieure für die Mitwirkung an Satellitensystemen vor allem fundierte Grundlagenkenntnisse in Mathematik, Physik, Elektrotechnik, Software- und Raumfahrttechnik mitbringen.


Satellitentechnik: Studium und Schwerpunkte

  • Wer sich für einen Job in der Satellitenbranche interessiert, muss nicht unbedingt Luft- und Raumfahrttechnik studiert haben. Nach Angaben des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) sind bei Arbeitgebern auch Fächer wie Maschinenbau, Flugzeugbau, Elektrotechnik, Informatik und Wirtschaftsingenieurwesen gefragt.
  • Je nach Schwerpunkt der Unternehmen werden häufiger Ingenieure mit anderen Fächern und Richtungen gesucht wie Feinwerktechnik, Konstruktionstechnik, Kunststofftechnik und Produktionstechnik.
  • Bei den Herstellern haben in erster Linie Mitarbeiter eine Chance , die sich in den typischen Großfunktionen wie Konstruktion, Entwicklung, Produktion, Qualitätsmanagement und Einkauf auskennen.

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