Warum Pharmatechnik studieren?
Monika Skala hadert nicht mit ihrem beruflichen Schicksal: »Pharmatechnik zu studieren, war für mich die beste Entscheidung«, sagt die 26-jährige Ingenieurin bestimmt und fügt nach kurzem Nachdenken hinzu: »Und heute bin ich in meinem Beruf erfüllt und sehr zufrieden.«
Monika Skala ist als Pharmaingenieurin bei der Rottendorf Pharma GmbH im westfälischen Ennigerloh beschäftigt. Bei dem Arzneimittelhersteller trägt sie den Titel ›Project Manager Galenical Development‹. Vom ersten Entwicklungsentwurf bis zur Marktfreigabe begleitet Monika Skala neue Pharmaprodukte, achtet auf die Einhaltung des Projektplanes, koordiniert die Produktaktivitäten der verschiedenen Unternehmensabteilungen und kommuniziert mit potenziellen Kunden. »Die Projekte sind superinteressant, und man lernt jeden Tag sehr viel dazu«, betont die Pharmatechnikerin. Fachkräfte wie sie haben Seltenheitswert. Ob in der Chemieindustrie oder in Pharmaunternehmen – für technische Abläufe in Entwicklung, Produktion und Qualitätssicherung braucht die Branche regelmäßig spezialisierte Ingenieure, die auf dem Arbeitsmarkt Mangelware sind.
Pharmaingenieur Gehalt
Dieser Zustand drückt sich auch in den Gehaltszahlen aus: Nach Erhebungen der Personalmarkt GmbH verdienen Wirtschaftswissenschaftler, die in der Gesundheitsbranche einsteigen, aktuell durchschnittlich 42.379 Euro im Jahr – vergleichbare Ingenieure hingegen 45.704 Euro.
Lediglich an drei Hochschulstandorten kann man in Deutschland Pharmatechnik studieren:
- Detmold/Lemgo
- Albstadt-Sigmaringen
- Coethen bei Magdeburg
Rottendorf-Projektmanagerin Monika Skala hat ihren Bachelor in Pharmaceutical Engineering und in Biotechnological Engineering an der Hochschule Ostwestfalen-Lippe am Standort Detmold/Lemgo absolviert. Zu ihrem heutigen Arbeitgeber stieß sie im Rahmen eines Praktikums. »Dabei konnte ich mir einen Eindruck vom Gesamtkonzept der pharmazeutischen Industrie verschaffen«, erinnert sich Skala. Als Praktikantin durchlief sie die Entwicklungsabteilung des Unternehmens, aber auch die Qualitätskontrolle, die Produktion und die Verpackung. »Während meiner gesamten Studienzeit habe ich den Kontakt zu Rottendorf aufrecht erhalten und dort in den Semesterferien als studentische Hilfskraft ausgeholfen«, erzählt die Ingenieurin. »Nach meinem Abschluss habe ich mich direkt bei Rottendorf in der galenischen Entwicklung beworben.«
Pharmatechnik Zukunft
Arbeitgeber halten sich Studierende und Praktikanten aus dem pharmatechnischen Umfeld oft über Jahre warm, da sie in der Regel Schwierigkeiten haben, die freien Stellen mit fähigen Fachkräften zu besetzen. Häufig weichen Unternehmen deshalb auf verwandte Abschlüsse aus oder bilden sich eigene Pharmaingenieure erst im Betrieb aus. So sucht die Rottendorf Pharma GmbH als mittelständisches Unternehmen zehn bis 15 Pharmaingenieure pro Jahr. »Pharmaingenieure sind sehr gut qualifizierte Fachleute, nichtsdestotrotz ist es ratsam, einen Masterabschluss oder gar eine Promotion zu erlangen. Von Vorteil ist eine vorausgegangene Ausbildung als Pharmakant oder Chemielaborant«, berichtet Marcus Mensing, Director Human Resources bei Rottendorf.
Pharmatechnik Aufgaben
Auch Monika Skala, die das Aufgabenspektrum einer Pharmaingenieurin als »Mischung zwischen der klassischen Pharmazie und dem Ingenieurswesen bezeichnet«, hatte vor ihrem ingenieurwissenschaftlichen Studium mit dem Gedanken gespielt, Pharmazie zu studieren. »Aber mir war auch immer bewusst, dass ich später in der Industrie tätig sein möchte und nicht in der Apotheke arbeiten will«, sagt die Pharmaingenieurin. Zu trocken und »zu weit ab vom daily business der Industrie« sei ihr die pharmazeutische Ausbildung vorgekommen. »In meinem heutigen Job bietet sich mir ein großes Portfolio an Kunden und Produkten. So habe ich die Chance, innerhalb kürzester Zeit sehr viele Technologien im Detail kennenzulernen«, berichtet Pharmaingenieurin Monika Skala.
Sowohl die Big Player der Branche wie Siemens Healthcare, Fresenius und Roche Diagnostics suchen qualifizierte Ingenieure mit Schwerpunkt Medizintechnik als auch mittelständische Unternehmen wie B.Braun und Dräger planen Neueinstellungen. Die Branche boomt: Vorhergesagt wird, dass der Markt für Gesundheitsvorsorge in Deutschland bis 2020 von derzeit rund 230 Milliarden Euro auf 500 Milliarden Euro anwächst. Von diesem Wachstum profitiert auch der Arbeitsmarkt: In der Forschung und Entwicklung neuer medizinischer Produkte, Geräte und Dienstleistungen finden junge Naturwissenschaftler, vor allem Biologen, Chemiker und Ingenieure, ein breites Einsatzgebiet. Auch bei Novartis ist der Bedarf hoch: »Neue Technologien machen neuartige Medikamente möglich, und neuartige Medikamente erfordern neue Technologien«, erklärt Stefanie Hudjetz, HR Business Partner Recruiting bei der Novartis Pharma Produktions GmbH. »Das bietet eine stetige Weiterentwicklung der Berufsperspektiven für Ingenieure.« Doch gleichzeitig erhöhen sich die Ansprüche der Technik und Infrastruktur in der Health-Care-Branche ständig. »Dadurch sind Ingenieure gefordert, ihre gewonnenen Kenntnisse einzubringen und stets weiterzuentwickeln, damit sie dem Stand der Technik immer einen Schritt voraus sind«, betont die Novartis-Personalerin. Dies bedeute aber auch: »Talente finden bei uns immer interessante Tätigkeiten.«
Eines dieser Talente ist Andreas Busse, dessen Karrierevorlauf die Innovationsdynamik der Branche beispielhaft widerspiegelt: Der 43-Jährige studierte Verfahrens- und Umwelttechnik mit dem Grundstudiengang Maschinenbau in Hannover. Zwar schrieb der Ingenieur seine Diplomarbeit bei einem Pharmaunternehmen, doch seine ersten Berufsjahre verbrachte Busse in der chemischen Industrie. So war er unter anderem in der großchemischen Soda- und Wasserstoffperoxid-Produktion tätig. Im Jahr 2007 schließlich kehrte Andreas Busse in der Position eines Produktionsingenieurs in die Pharmaindustrie zurück.
»Ich wollte die Technologien zwischen der chemischen Großindustrie und der Pharmaindustrie sicher beherrschen«, erklärt Busse seinen Wechsel zwischen den Branchen. »Zu meinem Erstaunen waren die Unterschiede nicht so groß, sondern lagen im wesentlichen in den Regularien.«
Die Zeit bei der Novartis Pharma Produktions GmbH, wo Busse heute als Leiter Engineering beschäftigt ist, bezeichnet er »als Highlight meiner Karriere«. Über 600 technische Innovationen hätten er und sein Team innerhalb der Qualitätssicherung und Produktion anstoßen können, berichtet der Ingenieur. »Ich habe selten eine so immense Vielfalt an Weiterentwicklungsstrukturen erlebt wie innerhalb des Konzerns.«