Rettungsring

Medizintechnik: Ingenieure und Forscher fördern Wohlbefinden

Technische Geräte und Produkte aus der Medizintechnik ermöglichen es beispielsweise künstliche Lungen, Blutpumpen oder Gefäßzugänge zu transplantieren.

Die Medizintechnik als interdisziplinäre Branche bietet sowohl in der Forschung als auch im industriellen Bereich spannende Aufgaben für Absolventen ingenieurwissenschaftlicher Studiengänge.

Als Entwicklungsingenieurin bei der Mechatronic AG

Katharina Hanke ist nach ihrem Master in Elektrotechnik mit Schwerpunkt Mikrosystemtechnik bei der Mechatronic AG, Entwickler und Hersteller medizintechnischer Geräte, eingestiegen und ist als Entwicklungsingenieurin der Elektromechanik in den gesamten Entwicklungszyklus eines Produktes eingebunden. Die Produktpalette des Unternehmens reicht von Implantaten, chirurgischen Instrumenten, Patientenmonitoren bis hin zu Therapiegeräten.

Insbesondere Geräte, bei denen Elektronik, Mechanik, Sensorik, Optoelektronik und auch Software zusammenspielen, gehören zu den Kernkompetenzen des Unternehmens.

Auf Anfrage von namhaften Unternehmen oder auch Start-ups setzen sich die Mitarbeiter wie Katharina Hanke daran, die Idee zum fertigen Produkt zu bringen:

»Angefangen bei der Definition der Anforderungen, der Erstellung verschiedener Konzepte und der Anfertigung von Risikoanalysen über das Design und Testen der Komponenten bis hin zur Verifizierung und Serienüberführung – immer in Kontakt mit den Entwicklern der Fachbereiche Software, Elektronik und Qualitätsmanagement«, so die 27-Jährige.

Medizintechnik: interdisziplinäres Umfeld

Gerade das interdisziplinäre Umfeld und die abwechslungsreichen Projekte schätzt die Ingenieurin an ihrer Arbeit. Am meisten motiviert sie aber das Wissen, dass sie Technik für die Gesundheit des Menschen entwickelt. Besonders vor diesem Hintergrund »sollte man sich stets bewusst sein, dass die eigene Arbeit an den Patienten kommt und gegebenenfalls sogar lebenserhaltend ist, daher ist Disziplin und Sorgfalt bei der Arbeit unentbehrlich«, betont Hanke.

Produktentwicklung bei der Xenios AG

Auch Dr. Juliana Vaz Nürnberger, Risikomanagementbeauftragte bei der Xenios AG, sieht es als unerlässlich an, »in jedem Schritt der Produktentwicklung und der anschließenden Produktion die Patientensicherheit nicht aus dem Fokus zu verlieren«. Das Unternehmen fertigt medizinische Geräte mit dem Fokus auf extrakorporale Therapien zur Behandlung von Herz- und Lungenversagen. Die Kerntechnologien der Xenios AG sind unter anderem künstliche Lungen, Blutpumpen und Gefäßzugänge.

Die promovierte Ingenieurin ist im Unternehmen zum einen für die Erstellung und Pflege der Risikomanagementakten, die Durchführung von Risikoanalysen und die Erstellung von Risikoplänen und -berichten zuständig. Sie ist aber auch an der Entwicklung neuer Produkte und der Erstellung der gesamten zugehörigen Projektdokumentation beteiligt. Besonders wichtig ist hierbei interdisziplinär und methodisch auf die Themen einzugehen, im Team klar zu kommunizieren und seine Aufgaben pünktlich zu erledigen, um die Arbeitskette nicht aufzuhalten, fasst die 35-Jährige zusammen.

Hervorragende Karriereaussichten in der Medizintechnik

Die Medizintechnik bietet Absolventen hervorragende berufliche Aussichten, ist sich die Risikomanagementbeauftragte sicher:

»Mit zunehmendem Wohlstand in den Entwicklungsländern, zunehmend älter werdender Weltbevölkerung und zunehmender Entwicklung der Technik kann man nur ein starkes Wachstum des Marktes für medizinische Produkte erwarten.«

Christian Renner, Programmdirektor und Ansprechpartner für Medizintechnik in der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), sieht die Entwicklung ähnlich positiv und beschreibt die Medizintechnik als starken und kontinuierlich überproportional wachsenden Sektor. Außerdem bescheinigt er der Branche Innovationsstärke und Dynamik. Schließlich werden in kurzen Abständen immer wieder neue Produkte auf den Markt gebracht – sowohl im industriellen als auch im Forschungsbereich.

Die Forschungsprojekte, die die DFG im Bereich der Medizintechnik unterstützt, können in wenigen Jahren von der Idee so weit vorangetrieben werden, dass man sie kommerziell aufgreifen und umsetzen kann. Die Fragestellungen und Ideen kommen entweder von Ingenieuren, die sich für die medizinischen Fragen und Komponenten einen Mediziner mit ins Boot holen oder eben umgekehrt.

»Die wirklich guten Sachen entstehen, wenn Mediziner und Ingenieure gemeinsam eine längere Zeit zusammenarbeiten und sich gemeinsam überlegen, welche Fragestellungen man auf welche Weise angehen kann«, ist der 44-Jährige überzeugt.

Denn beide Seiten können voneinander lernen, wenn sie erst einmal verstanden haben, wie und durch welche Kriterien die Arbeit des anderen geprägt ist. Vor diesem Hintergrund bietet die Medizintechnik eine gute Möglichkeit technisches und medizinisches Interesse zu verbinden. Nicole Todtenberg, Doktorandin am IHP – Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik, betont, dass man im Rahmen der Forschungsprojekte enorm viel lernt, was nichts mit der eigentlichen Arbeit zu tun hat, zum Beispiel welche Parameter erforderlich und welche Abläufe einzuhalten sind, um ein kleines Blutbild zu erheben oder wie Algen kultiviert werden.

»Und erst mit diesem Wissen ist es dann möglich, die passenden technischen Konzepte zu erarbeiten«, fügt die 30-Jährige hinzu. Im Moment arbeitet die Informations- und Medientechnikabsolventin an der Entwicklung eines Prototyps einer Sensorkapsel, die zur Überwachung der Wachstumsprozesse einer Algenkultur in einem Photobioreaktor genutzt werden soll, die Algen werden zur Herstellung von Pharmazeutika genutzt. Dahinter steht die Vision, dass eine kleinere Variante der Kapsel eventuell in den menschlichen Körper eingesetzt werden könnte. Um dies zu verwirklichen, müssen die Forscher aber noch einen weiten Weg gehen.

Foschung im Bereich Medizintechnik

Todtenbergs Aufgabe konzentriert sich bei den Forschungsprojekten auf Softwareentwicklung und System-Design. Folglich verbringt sie einige Tage der Woche mit der Programmierung von eingebetteten Systemen, wie zum Beispiel dem mobilen Labor, einem autonomen Gerät zur Erstellung des kleinen Blutbildes. Aber auch das Lesen und Schreiben wissenschaftlicher Veröffentlichungen und Messtätigkeiten gehören zum Arbeitsalltag der Wissenschaftlerin. Langeweile kennt die 30-Jährige bei ihrer Arbeit nicht, denn »mit jedem neuen Projekt erschließt sich eine völlig neue Welt«. Besonders dieser Aspekt, aber auch die Möglichkeit an internationalen Konferenzen teilzunehmen und mit europäischen Partnern im Team zu arbeiten, machen die wissenschaftliche Tätigkeit in der Medizintechnik so attraktiv.

Allerdings sollte man sich auch bewusst sein, dass man aktuelle Herausforderungen gedanklich nie komplett abschließt:

»Ob ich im Auto sitze, unter der Dusche stehe oder gerade am Frühstückstisch sitze – ich ertappe mich doch häufig dabei, wie ich unbewusst darüber nachdenke, wie man bestimmte Sachverhalte lösen beziehungsweise umsetzen könnte«, warnt die Doktorandin.

Gerade an Herausforderungen, die sich meistens auf ein winziges Detail beziehen, knobelt man teilweise Wochen. Somit sollten Beharrlichkeit und Geduld zu den Kompetenzen der Anwärter zählen. Ziel der Forscher ist es selbstverständlich, ihre Projekte bis zur tatsächlichen Nutzung zu bringen. Hierbei müssen jedoch rechtliche Aspekte berücksichtigt werden. Technische Geräte, die in irgendeiner Form im medizinischen Kontext eingesetzt werden sollen, müssen vorher zertifiziert werden. Diese Prozesse sind extrem langwierig und schwer zu durchschauen, so die 30-Jährige.

»Besonders spannend sind dann aber die Momente, wenn man ein System das erste Mal im eigentlichen Kontext erprobt und nicht nur im Labor«, betont Todtenberg.

Die Medizintechnik bietet nicht nur abwechslungsreiche und spannende Aufgaben sowie ein zukunftssicheres Arbeitsumfeld, sondern auch die Möglichkeit sich aktiv für die Gesundheit einzusetzen und »mit technischer Meisterleistung zum Wohlbefinden der Menschen beizutragen«, fasst Juliana Vaz Nürnberger von der Xenios AG zusammen. Auch für Nicole Todtenberg ist das Beeindruckende an ihrer Arbeit, dass »man innovative Ideen realisieren kann, die das Potenzial besitzen, mit Wissenschaft aktuelle Probleme zu lösen«. 


Anzeige

Anzeige