Mann der sich senkreicht zu Wiese hinunterbeugt
Als Quereinsteiger im Consulting ZWEISAM / Quelle: Photocase.com

Als Quereinsteiger ins Consulting

Erfahrung aus Forschung und Industrie macht Quereinsteiger für viele interdisziplinär agierende Beratungshäuser besonders wertvoll

Was genau ist eigentlich ein Quereinsteiger? Dieser Frage sollten wir uns vorab widmen. »Als Quereinsteiger oder auch Seiteneinsteiger wird eine Person bezeichnet, die aus einer fremden Sparte/Branche in ein neues Betätigungsfeld wechselt, ohne die für diesen Beruf/Branche sonst allgemein übliche ›klassische‹ Berufsausbildung/Studium absolviert zu haben«, besagt Wikipedia und meint dabei Menschen wie Dr. Tanja-Maria Lachhammer, Vice President Manufacturing bei NTT Data Deutschland, einem internationalen IT-Konzern. Studiert hat Lachhammer nicht etwa Informatik, sondern BWL. Dass sie in einem IT-Konzern berät, ist für die 41-Jährige nichts Ungewöhnliches. »Die Nachfrage nach Wirtschaftswissenschaftlern ist insbesondere in unseren Bereichen Customer Management Consulting, Customer Relationship Management und Finance Transformation groß. Die Beratungsthemen haben einen betriebswirtschaftlichen Schwerpunkt und reichen von Strategie- über Prozessberatung hin zu Beratung besonderer Lösungen.« Damit Wirtschaftswissenschaftler aber in der IT-Beratung glücklich werden, bedarf es einiger Voraussetzungen. »Wichtig«, so Christian Schmidt-Jurksch, Senior HR Partner Manufacturing bei NTT Data, »ist, dass der IT-Consultant Begeisterung für Informationstechnik und technische Zusammenhänge mitbringt, die in der Beratung auch auf den Kunden überspringt.« Schließlich gilt es, bei den Kunden von NTT Data alle Mitarbeiter, vom technischen Mitarbeiter über den IT-Verantwortlichen bis hin zum Chief Information Officer, davon zu überzeugen, dass die jeweilige Lösung für sie wirtschaftlich optimal ist. »Das ist nur möglich mit Begeisterung für Technologie und mit dem, was mit ihr morgen machbar ist.«

Begeistert von seiner Arbeit als Berater ist auch Marian Wulz, ebenfalls ein Quereinsteiger. Zwar hat der 32-jährige Diplom-Kaufmann, der heute als Senior Berater bei Porsche Consulting arbeitet, kein fachfremdes Studium absolviert, jedoch nach dessen Abschluss zunächst in der chemischen Industrie Berufserfahrung gesammelt. Damit gehört er zu den rund 70 Prozent der Berater bei Porsche Consulting, die vor ihrer Beraterlaufbahn in Industrie oder Forschung tätig waren. Marian Wulz’ Kenntnisse aus dieser Praxis kommen ihm nun in der Beratung zu Gute. »Dank der Erfahrung, die ich beim internationalen Unternehmen Henkel im Bereich ›International Supply Chain Management Consumer Adhesives‹ gesammelt habe«, erzählt Wulz, »kann ich mich noch besser in die Perspektive unserer Klienten hineinversetzen. Ich kenne die andere Seite aus der eigenen Anschauung.« Solche Seitenwechsel nützten jedoch nicht nur Beratern, sondern vor allem ihren Klienten. Das weiß auch Tanja-Maria Lachhammer. »Ich profitiere von meiner Industrieerfahrung, da ich die ›Kundenbrille‹ kennengelernt habe und so weiß, was den Kunden wichtig ist und wie schwer es ist, neue Ideen und Konzepte als Verantwortlicher umzusetzen.« Immerhin werden Berater oft als ›Fremdkörper‹ gesehen und mit entsprechendem Misstrauen betrachtet. Um das zu vermeiden, setzen Beratungen wie Porsche Consulting auf Berater mit Industrieexpertise. »Unsere Mitarbeiter«, so Personalchef Stefan Stock, »verfügen im Durchschnitt über neun Jahre Berufserfahrung. Das wissen die Klienten von Porsche Consulting sehr zu schätzen, da wir so gemeinsam Lösungen erarbeiten, die dauerhaft funktionieren und die Mitarbeiter begeistern.«

Das ist auch das Ziel von Dr. Philipp Konecny. Der studierte Wirtschaftswissenschaftler hat vor seinem Einstieg bei der Boston Consulting Group (BCG) als wissenschaftlicher Mitarbeiter gearbeitet. Sein weiterer Weg in Forschung und Lehre war bereits vorgezeichnet. Trotzdem entschied er sich, der Hochschule den Rücken zu kehren und Berater zu werden. »Mein Einstieg bei BCG«, erinnert sich der 31-Jährige, »war in zweierlei Hinsicht spannend. Einerseits begann mein erstes Kundenprojekt mit einem Thema, das ich im Rahmen meiner Doktorarbeit behandelt hatte. So bot sich mir die Möglichkeit, meine bisherigen Erfahrungen direkt in das Projekt einfließen zu lassen.« Auf der anderen Seite durfte Konecny das wissenschaftliche Arbeiten auch in der Beratung fortsetzen und an einer Studie über erneuerbare Energien mitwirken. »Auf diese Weise entstand eine interessante Symbiose aus vorhandenem Wissen und dem Erlernen neuer Themen- und Aufgabenfelder.«

Neue Themen- und Aufgabenfelder sind in der Beratung an der Tagesordnung. Das ist es auch, was Tanja-Maria Lachhammer, die zunächst als Beraterin gearbeitet hat, dann Marketing- und Vertriebsleiterin wurde und schließlich in die Beratung zurückgekehrt ist, an ihrem Beruf schätzt: »Kein Projekt ist gleich. Ich treffe auf unterschiedliche Menschen und lerne viele Firmen und ihre Kulturen kennen. Oftmals sind die Projekte international. Operative, lästige Aufgaben gibt es wenige.« Nicht nur durch Internationalität, sondern durch Abwechslung zeichnen sich die Projekte aus, während die Themenfelder in Forschung und Industrie meist konstant bleiben.

An ihre spannendsten Aufgaben denken die Berater immer gerne zurück. Für Dr. Philipp Konecny ging es dabei um ein Projekt im Bereich Industrial Goods. »Neben unglaublich vielfältigen und interessanten Aufgabenfeldern wie der strategischen Neuausrichtung der Produktions- und Entwicklungsbereiche bot sich für uns die Möglichkeit, nicht nur für den Kunden einen wirklichen Mehrwert zu schaffen, sondern zugleich das firmeneigene Know-how weiter zu stärken.« So haben also beide Seiten profitiert – Berater und Kunde. Genau wie bei dem Projekt, das Marian Wulz von Porsche Consulting als sein bislang herausforderndstes bezeichnet: »Wir haben einen amerikanischen Klienten aus der Süßwarenindustrie dabei unterstützt, seine Supply Chain zu optimieren. Dazu«, erklärt Wulz, »haben wir die Bestände entlang der gesamten Lieferkette bis hin zum Supermarktregal analysiert und reduziert. So verbesserten wir das Geschmackserlebnis des Endkunden durch ein maximal frisches Produkt: mit positivem Einfluss auf Umsatz und Kosten.«

Weitere Aspekte, die die Beratung so besonders machen, sind der ständige Wechsel der Teammitglieder je nach Projekt und Arbeitsort. In der Beratung ist es eben an der Tagesordnung, etwa vier Tage der Woche beim Kunden zu verbringen. Dr. Philipp Konecny beschreibt seinen Alltag bei BCG als extremer, schneller und intensiver. »Während Zeit- und Termindruck in Forschung und Industrie eine nicht immer so entscheidende Rolle spielen, sind das innerhalb der Beratung durchaus wichtige Faktoren.« Dass die Zeit mit der Familie trotzdem nicht zu kurz kommen muss, beweist Tanja-Maria Lachhammer: »Es gibt immer wieder Peaks, wenn zum Beispiel eine Lenkungskreispräsentation erstellt werden oder ein Angebot raus muss.« Für sie ist das Thema Work-Life-Balance eine Frage der Organisation und des roten Fadens im Projekt. »Mein kleiner Sohn«, fügt Lachmann hinzu, »sieht mich fast jeden Abend und das ist für mich wichtig.«

Trotz seiner Intensität würden Dr. Tanja-Maria Lachhammer, Marian Wulz und Dr. Philipp Konecny ihren Job als Berater nicht aufgeben wollen. »Als Berater«, fasst Konecny zusammen, »hat man sehr bereichernde, unglaublich vielfältige gute wie auch schlechte Erlebnisse. Der Wert des Arbeitens liegt jedoch meines Erachtens vor allem darin, dass es mich mit vielerlei Extremen konfrontiert und zwingt, mich mit diesen – und damit auch ein Stück weit mit mir selbst – auseinanderzusetzen.« 


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