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Abliefern – Zukunft der Logistik

Nachhaltigkeit und Innovation stehen auch 2022 wieder im Fokus – aber was gibt's Neues und was kann weg?

Megatrends

Ralph Wiechers, Executive Vice President der Abteilung »People Management & Platforms« bei »Deutsche Post DHL Group« sieht in der Globalisierung, der Digitalisierung, dem E-Commerce und der Nachhaltigkeit die großen Megatrends der Logistik. Klimaschonende Lösungen stehen dabei an erster Stelle. »Deutsche Post DHL Group« hat 2021 mit ihrem ESG-Fahrplan ambitionierte Klimazwischenziele für 2030 auf dem Weg zur Netto-Null-Emission in 2050 vorgestellt. ESG steht hierbei für: Einfluss auf Umwelt (E), Soziales (S) und Führungsstrukturen (G). Die absolute Reduzierung der CO2-Emmissionen bis 2030, Investitionen von über sieben Milliarden Euro in grüne Technologien und nachhaltige Kraftstoffe sowie eine Verankerung von ESG-Zielen in der Vergütung der Vorstandsmitglieder stehen dabei im Fokus.

Smarte Werkzeuge

»Die Anwendung Künstlicher Intelligenz verbessert die Prognosen und Entscheidungsfindung und führt zu effizienteren Prozessen«, erklärt der Wirtschaftsprofessor Dr. Fridtjof Langenhan von der Hochschule Hof. Durch das Sammeln der Daten rund um den Cross-Border-Versand können Sendungen somit zusammengelegt und Leerfahrten vermieden werden. Kündigen sich zum Beispiel Lieferkettenunterbrechungen an, so haben die meisten Tools einen gesamten Überblick und können die Lieferkette sofort neu ausrichten und auf Alternativrouten umlenken.

Let's Drive Green

Nachhaltige Kraftstoffe sollen wegweisend für die Logistik der Zukunft werden: Bis 2030 will das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) mit erneuerbaren Kraftstoffen zehn Millionen Tonnen CO2 einsparen. Hergestellt werden diese entweder aus regenerativ erzeugtem Strom oder mit Biomasse. Zwar ist das Herstellungsverfahren für strombasierte Kraftstoffe und Biokraftstoffe bereits erprobt, in großem Stil allerdings noch nicht, weshalb sie auf dem Markt noch vergleichsweise teuer sind.

Weg damit

Gorillas, Amazon und Co. werben mit ihren Same-Day-Delivery- Angeboten. Schnell auf »bestellen« klicken und spätestens am Abend die Ware erhalten – klingt praktisch. Aber ist das wirklich realisierbar? Scheinbar nicht, denn immer mehr Unternehmen tendieren wieder zu Next-Day-Deliverys oder sogar längeren Lieferzeiten. Die Same-Day-Delivery lässt sich für Händler tatsächlich nur schwer umsetzen; eine längere, aber dafür zuverlässigere Lieferung stärkt das Kundenvertrauen und ist nebenbei auch besser für die Umwelt. Laut einer von der Lieferplattform »Seven Senders« in Auftrag gegebenen und vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut »Yougov« durchgeführten Umfrage, wären bis zu 57 Prozent der Befragten dazu bereit, eine höhere Summe für eine nachhaltigere Lieferung zu zahlen.

Das geht von allein

»Die Nutzung autonomer Systeme nimmt weiter zu. Gerade die Intralogistik entwickelt sich immer mehr von automatisierten zu autonomen Anwendungen weiter«, so Wirtschaftsprofessor Dr. Friedwart Lender von der Hochschule Hof. Als ein Beispiel nennt dieser den autonomen Routenzug im innerbetrieblichen Transport. Dieser kann einen durchgängigen Warenfluss gewährleisten, entlastet somit Mitarbeiter und führt zu einer höheren Produktionsleistung. Zu den weiteren Funktionen auf dem Logistikmarkt gehört die Nutzung von automatisierten und autonomen Fahrassistenzen. Die MAN Truck & Bus SE ist mit ihrem »CruiseAssist« ganz vorne mit dabei. Der »CruiseAssist« unterstützt seinen Fahrer unter anderem durch die Kombination aus aktivem Spurhalteassistent und ACC Stop & Go in der Quer- und Längsführung des Fahrzeugs im gesamten Geschwindigkeitsbereich. Genutzt werden kann der Assistent auf Autobahnen und autobahnähnlichen Straßen. Benjamin Lachner, Ingenieur in der Abteilung »Automation & Assistance Functions (EEFF)« bei der MAN Truck & Bus SE sieht in dem teilautomatisierten Fahren eine deutliche Entlastung der Fahrzeugführer und somit mehr Sicherheit und Komfort für diese. »Der Fahrer bleibt zwar verantwortlich, er muss das System dauerhaft überwachen und jederzeit eingreifen können, aber er bleibt durch die Entlastung länger fit und kann sich noch besser auf seine Transportaufgabe fokussieren«, fügt Lachner hinzu. Automatisierte und autonome Assistenzsysteme steigern die logistischen Abläufe enorm, weshalb der Fokus auf Innovationen wohl in diesem Bereich liegen wird.

Für Selbstabholer

Gerade während der Pandemie bestellten Kunden auch Produkte des alltäglichen Bedarfs online. Durch den starken Andrang kam es bei den Lieferungen allerdings oft zu Engpässen. Unter anderem dadurch entwickelten sich Pick-up Points, die nun weitläufiger genutzt werden. Dabei soll den Konsumenten die Abholung ihrer Bestellungen von einem bestimmten Ort ermöglicht werden. Am besten geeignet wäre dafür genau das Geschäft, in dem die Ware zuvor bestellt wurde. Durch die sogenannten Pick-up Points werden die Zusteller nicht nur entlastet, sondern auch Fahrten und somit CO2-Emmissionen reduziert.

Was für Könner

»Absolvent*innen sollten den wirtschaftlichen Einsatz von Automatisierungs- und Informationstechnologien beurteilen können. Aber technische und wirtschaftliche Kompetenzen allein reichen nicht aus«, schätzt Professor Langenhan die nötigen Kompetenzen für die künftige Logistik-Branche ein. Der Erfolg bei der Realisierung der Logistik der Zukunft hinge laut Langenhan stark von sozialen Kompetenzen wie Teamfähigkeit, interkulturellem Wissen, Kommunikation und Projektmanagement ab. Neben den klassischen Fähigkeiten wie: Organisationstalent, Zahlengeschick oder logischem und analytischem Denken nehmen interdisziplinäre Fachkompetenzen immer weiter zu. Sein Kollege Professor Lender sieht vor allem im Anwendungswissen von IT-Systemen wie Scanner- oder Steuerungssystemen im Transport die Qualifikationen zukünftiger Logistiker.

Top Chancen

Laut einer Stellenmarktauswertung der Personalmarktforschungsplattform »Index Research« schrieben Arbeitgeber 2021 deutschlandweit über acht Millionen Stellen aus. Im Vergleich zu 2020 sind das rund 27 Prozent mehr. Am stärksten stieg die Nachfrage in der Logistikbranche, mit einem Plus von 47 Prozent zum Vorjahr. Gute Fachkräfte werden händeringend gesucht, was somit auf gute Einstiegsgehälter vermuten lassen. Laut einer Umfrage der Jobbörse »Berufsstart« erhalten Logistik-Absolventen ein durchschnittliches Einstiegsgehalt von circa 38.107 Euro. Benjamin Lachner rät zudem, sich fachlich gut mit den Trends der Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz auseinanderzusetzen, dann habe man beste Chancen auf einen Top-Arbeitsplatz. Durch die ständigen, neuen Entwicklungen in der Logistik ist es von Vorteil, bereits beim Vorstellungsgespräch den Arbeitgeber nach Weiterbildungsmöglichkeiten zu fragen. Auch Ralph Wiechers hält diese und lebenslanges Lernen für essentiell in der Branche. »Wir setzen auf einen vielseitigen Weiterbildungsansatz, der die gezielte Wissensvermittlung in Schulungen und Seminaren mit dem täglichen Lernen am Arbeitsplatz verbindet«, führt der »Deutsche Post DHL Group« Executive Vice President hinzu.

 

 


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