Innovationen in Forschung und Entwicklung

Innovation ist ein entscheidender Wachstumstreiber. Susanne Drexl-Wittbecker, Partnerin bei der ROI Management Consulting AG, erklärt im Interview, wie Unternehmen neue Ideen fördern und warum junge Ingenieure dafür wichtig sind

Susanne Drexl-Wittbecker berät Unternehmen schwerpunktmäßig zu Forschung und Entwicklung. ROI

Frau Drexl-Wittbecker, wie wichtig sind Innovationen?

Extrem wichtig – ohne Innovationen gäbe es kein wirtschaftliches Wachstum. Durch die Digitalisierung erleben wir heute zudem eine enorme Beschleunigung der Zyklen, in denen aus einer ersten Idee ein weltweit gehandeltes Produkt wird. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Hard- und Software immer stärker. Waschmaschinen sind ein perfektes Beispiel: Noch vor wenigen Jahren bestanden sie aus fast unveränderten Elektronik-, Plastik- und Metallbauteilen, heute wollen die Käufer ihre Wasch­gänge über das Smartphone steuern. Entsprechend verändern sich die notwendigen Kompetenzen in der Produktentwicklung: Ingenieure sollten über ihr eigenes Fachgebiet hinaus ein Verständnis für das Gesamtsystem entwickeln, das zum Beispiel auch Konnektivität und Services aus der Cloud beinhaltet.

Lässt sich Innovationskraft messen?

Ja, ganz klar: durch Kennzahlen. Der entscheidende Maßstab für Innovationskraft ist der Umsatz, den neue Produkte generieren. Daneben gibt es jede Menge zusätzlicher Indikatoren, zum Beispiel die Anzahl der erzeugten Patente. Eine professionelle Auseinandersetzung mit Innovation setzt zudem voraus, Wettbewerbsaktivitäten und Trends ständig im Blick zu haben.

Was können Unternehmen tun, um Innovationen fördern?

Innovation gedeiht nicht durch Zwang. Die Prozesse, die Organisation und das Umfeld ihrer Arbeit sollten Ingenieuren genug Freiraum und Zeit bieten, um kreativ zu sein und so Innovationen voranzutreiben. Weiter ist entscheidend, dass die verschiedenen Abteilungen im gesamten Innovationsprozess übergreifend zusammenarbeiten – am besten in entsprechenden Kollaborationsbereichen. Dort haben Mitarbeiter Gelegenheit, sich regelmäßig zu treffen, Ideen zu diskutieren und unterschiedliche Sichtweisen, etwa die technische und die betriebswirtschaftliche, erfolgreich zusammenzuführen.

Wie werden Unternehmen in Zukunft neue Lösungen generieren?

Kooperativ – zumindest die erfolgreichen, flexiblen Unternehmen. Dazu arbeiten sie mit anderen Firmen zusammen, die komplementäre Kompetenzen aufweisen. Das geschieht heute schon, wenn zum Beispiel das Wissen und die Fähigkeiten in der App-Programmierung von externen Partnern eingeholt werden. Für Berufseinsteiger bedeutet das: Seid entdeckungslustig! Kooperationschancen über Abteilungs- und Unternehmensgrenzen hinweg gibt es genügend – sie zu erkennen und richtig zu nutzen bleibt die entscheidende Herausforderung. 

Zieht man den Vergleichn zu denen anderer Länder: Wie innovativ sind deutsche Unternehmen?

Im Maschinen- und Anlagenbau ist Deutschland traditionell weit vorne, ebenso in der Automobilindustrie. Unternehmen wie Tesla oder Google sind jedoch nicht in erster Linie dank ihrer Innovationskraft gefährliche Wettbewerber für die deutsche Fertigungsindustrie, sondern aufgrund ihrer Geschwindigkeit. Silicon-Valley-Konzerne, aber auch neue, kleine Hightech-Spezialisten agieren nach der ›Maker‹-Kultur: schnell und pragmatisch neue Dinge anbieten, obwohl diese noch nicht zu 100 Prozent ausgereift sind. Ein Scheitern wird dabei in Kauf genommen, solange sie Aufmerksamkeit am Markt erzeugen. Deutsche Unternehmen agieren oft bedächtiger, mit dem Blick für Details und Qualität. Das ist ein großer Vorteil, da eine starke Marke auch aufgrund weniger, aber hochwertiger Innovationen langfristig bestehen kann.

Wie wichtig sind Nachwuchskräfte für Innovationen?

Sehr, denn sie bringen eigene Denkweisen mit, sind viel sicherer im Umgang mit digitalen Tools und haben eine ganz andere Vorstellung von Geschwindigkeit. Zudem wird man auch in Zukunft Kunden nur in ihrer Sprache erreichen – Unternehmen sollten ihre Innovationskultur mit jungen Ingenieuren ständig weiterentwickeln. Vorbildlich funktioniert das in Förderprogrammen, bei denen junge Mitarbeiter Patenschaften für ihre älteren Kollegen übernehmen und sie etwa bei Themen wie Industrie 4.0 oder Smart Products unterstützen. Wer schon im Studium Praxiserfahrungen gesammelt hat, wird es leicht haben, den Ball aufzunehmen und sich zügig in der Arbeitswelt einzufinden.


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