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Pizzaauslieferung per Drohne?

Werden Pakete und Essen bald von Drohnen geliefert? Was braucht es für die Drohnenentwicklung?

Reykjavík, August 2017. Es surrt in der Luft, ein Schatten schiebt sich über die Haustür, die Drohne schwebt ein Stück weiter nach unten, um ihre kostbare Fracht erreichbar zu machen – und die Pizza landet unversehrt in den Händen des hungrigen Hausbesitzers. Keine Geschichte, sondern Realität, denn in Island werden Drohnen bereits für den Lieferdienst eingesetzt. Und nicht nur dort. Auch das US-amerikanische Unternehmen Zipline hat eine Drohne entwickelt, die Medikamente und Blutspenden in abgeschiedene Gebiete der Vereinigten Staaten bringen kann und sich auch in Entwicklungsländern und Krisengebieten einsetzen lässt. Auch Lieferunternehmen wie Amazon, DHL oder Hermes haben sich in den vergangenen Jahren intensiv mit Forschung und Entwicklung im Bereich der Lieferdrohnen beschäftigt.

Professor Dr. Sascha Skorupka, Professor für Physik und Technik an der Hochschule Fulda, kennt sich aus mit der Thematik. In seinem Studienprojekt ›Schlemmerpiloten‹ befassten sich Studierende mit der Frage, inwieweit sich warme Mahlzeiten mit Drohnen transportieren lassen, welche Reichweiten möglich sind, damit die Gerichte nicht auskühlen, und wie Lieferdrohnen bei den Herausforderungen des demographischen Wandels helfen können. »Die Drohne aus technischer Sicht: läuft«, so Skorupka. »Soweit ich das beurteilen kann, ist die Technik bereits jetzt so ausgereift, dass sich Drohnen für verschiedene Anwendungszwecke, wie das Liefern warmer Mahlzeiten, einsetzen lassen.« Durch die Weiterentwicklung der Akkutechnologie sei eine größere Traglast und eine höhere Reichweite zu erwarten. Auch in der Navigation und dem autonomen Flug werde es sicherlich noch Fortschritte geben, aber schon jetzt funktioniere alles sehr gut. 

Roger Hillen-Pasedag, Division Manager Strategy & CR bei Hermes Germany, erklärt: »Generell ist sicherlich nicht auszuschließen, dass mittel- bis langfristig autonome oder auch bloß semiautonome Technologien in der Zustellung zum Einsatz kommen könnten.« Allerdings, ergänzt er, stehe die Drohne bei Hermes nicht im Zentrum der kurz- bis mittelfristigen Überlegungen. »Im Paketgeschäft werden insbesondere massentaugliche Lösungen benötigt, um die stetig steigenden Sendungsmengen bewältigen zu können. Dies ist bei Drohnen eher nicht gegeben«, erläutert er. Trotzdem sei natürlich denkbar, dass die Technologie in ausgewählten Fällen wie bei der Expresslieferung wichtiger Güter, etwa Medikamente in abgelegene Gebiete, eine Zustellvariante der Zukunft sein könne.

Abgesehen von der technischen Machbarkeit sind sich beide Experten einig, dass noch viel Arbeit vor Unternehmen und Forschungseinrichtungen liegt, bevor Drohnen standardmäßig als Lieferdienste eingesetzt werden können. Besonders die rechtliche Situation ist für die Nutzung autonomer oder semiautonomer Flugobjekte momentan noch schwierig. »In unserem Projekt haben die rechtlichen Fragen die Innovation tatsächlich ausgebremst«, erinnert sich Sascha Skorupka von der Hochschule Fulda. Im Rahmen von Lieferdiensten machen Drohnen ökonomisch noch wenig Sinn. Hinzu kämen Aspekte der Sicherheit und Haftung. Die Menschen seien moderner Technik gegenüber aufgeschlossen, aber wie Roger Hillen-Pasedag von Hermes Deutschland berichtet, hätten Kunden in einem Test in Hamburg und London größere Bedenken bei einer Lieferung durch eine Drohne als durch einen Roboter geäußert. »Vielleicht, weil Drohnen dann eben doch oft mit einer gewissen irrationalen Unkontrollierbarkeit verbunden werden«, so der Division Manager. Und Sascha Skorupka fasst zusammen: »Aus rechtlicher und sozialer Sicht ist noch sehr viel zu tun.« 

Vertrauen dank Blockhain

Mit der Frage, wie Vertrauen zwischen Händlern und Kunden geschaffen werden kann, hat sich die Münchner Firma MaibornWolff beschäftigt.  Die Lösung: Eine Blockchain, mit welcher der Drohnenflug dokumentiert wird. »Die Frage ist ja oft, ob die Ware tatsächlich abgeschickt wurde oder wirklich ankam. Dieses Vertrauen kann durch die Blockchain geschaffen werden«, erläutert Werkstudent Maximilian Pudelko. Das Team führt dafür eine Beispiellieferung in drei Schritten durch. Sie beginnt damit, dass der Händler ein Paket in die Blockchain eincheckt. Dafür ist jedes Paket mit einer Rfid-Karte versehen. Die Drohne fliegt das Paket dann zum Ablieferort. Dort speichert das Abladepad die Daten wieder in die Blockchain. So ist dokumentiert, dass das Paket sicher angekommen ist. André Mundo, Bereichsleiter Distributed-Ledger-Technologien, erklärt: »Drohnen haben viele Internet of Things-Sensoren, aber müssen verlässlich mit der Umwelt kommunizieren. Dafür sehen wir die Blockchain als Kommunikationsprotokoll. Aus diesem Grund haben wir in einem Prototypen aufgezeigt, wie das Aufnehmen, Transportieren und Ausliefern von Paketen mittels Drohne fälschungssicher dokumentiert werden kann.« 

Programmierer gesucht

 Absolventen, die direkt bei der Entwicklung von Drohen mitzuwirken wollen, müssen bereit sein, sich auf Kundenängste und -wünsche einzustellen und technische sowie soziale und rechtliche Entwicklungen im Auge zu behalten. Das Programmieren beschränkt sich nicht alleine auf die Drohne, sondern auch auf die Umgebung, in der sie angewendet werden soll. Dafür sind neben Kreativität auch Team- und interdisziplinäre Zusammenarbeit gefragt. »Bei der Anwendung von Drohnen geht es ja vor allen Dingen um die Frage, was Drohnen können, beispielsweise hinsichtlich Traglast und Reichweite, wie ihr Einsatz reglementiert ist und ob das im Gesamtpaket einen Mehrwert für das Unternehmen bringen kann«, erklärt Sascha Skorupka von der Hochschule Fulda. Hierfür gilt es nicht nur, Ideen umzusetzen, sondern auch, Feldtests durchzuführen, um zu sehen, ob es in der Programmierung noch Bugs oder Fehler gibt. Absolventen sollten also eine gewisse Frustrationstoleranz mitbringen – werden dafür aber mit einem ganz besonderen Erfolgserlebnis belohnt, wenn der Drohnenflug am Ende erfolgreich verläuft.

»Der erfolgreiche Einsatz von Drohnen kann nur das Ergebnis vieler Beiträge aus unterschiedlichen Disziplinen sein«, schließt Sascha Skorupka. Eines steht fest: Wer sich dafür entscheidet, in diesem zukunftsträchtigen Feld mitzuarbeiten, dem wird es sicherlich nicht langweilig werden.


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