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Auf dem Radar – Karriere in der Luftfahrttechnik

Es gibt Entwarnung für diejenigen, die in der Luftfahrt-Branche Fuß fassen wollen. Denn: Langsam aber sicher erholt sich der EU-weite Flugverkehr von der Corona-Pandemie.

Laut Eurostat kletterte die Fluggast-anzahl im ersten Quartal des Jahres 2022 wieder auf ansehnliche 86,9 Millionen. Zum Vergleich: Zur Hochphase der Pandemie in 2020 hoben nur 31,3 Millionen Menschen mit dem Flugzeug ab. Auch Alisa Griebler, Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt, ist hinsichtlich des Arbeitsmarktes und der Karrieremöglichkeiten in der Branche positiv gestimmt: »Grundsätzlich wird in allen Bereichen der Luftfahrt nach Nachwuchs gesucht. Insbesondere jetzt ›nach‹ der Coronakrise kann der Fokus wieder verstärkt auf eine klimaneutrale Luftfahrt gesetzt werden. In diesem Bereich wird zunehmend geforscht und entwickelt. Wasserstoff, elektrische Antriebe und auch alternative Energien sind hier gerade die vielversprechendsten Technologien. Dazu zählt aber nicht nur der Antrieb selbst, sondern natürlich auch die damit einhergehende Flugzeuggestaltung. Es wird also am ganzen System gearbeitet. Die Forschung ist ein großer Teil, aber auch die Produktion steigt jetzt langsam wieder an«, so Griebler. Wenn du also als junger Ingenieur beruflich durstarten willst, hält die Luftfahrtbranche einiges für dich bereit. Bist du ready, wenn es heißt: »Cabin Crew, prepare for departure«?

Same Same but Different

Aber erst einmal von vorn. Das Studium der Luft- und Raumfahrttechnik eröffnet Absolventen eine große Palette an Beschäftigungsfeldern in der nationalen sowie internationalen Luft- und Raumfahrtindustrie. Als Luft- und Raumfahrtingenieur entwickelst du beispielsweise neue Flugzeugkomponenten oder bist für die Überwachung von Fluggeräten zuständig. Neben der Anstellung bei Fluggesellschaften, Flughäfen oder Flugzeugherstellern kannst du auch in die akademische Forschungs- und Entwicklungsarbeit an einer Hochschule oder Universität einsteigen. Obwohl Luft- und Raumfahrttechnik meistens gekoppelt als ein Studiengang angeboten wird, gibt es dennoch Unterschiede. Das zeigt sich auch in der Schwerpunktsetzung des Studiengangs der jeweiligen Bildungsträger. Die Luftfahrttechnik setzt sich eher damit auseinander, wie Flugzeuge der Zukunft umweltverträglicher konzipiert werden können. So forschen Ingenieure derzeit an synthetischem Kerosin. »Es wird aus grünem Wasserstoff und Kohlenstoff hergestellt, der zuvor aus der Atmosphäre gewonnen wird. Mit dem bei der Verbrennung freigesetzten CO2 entsteht ein geschlossener Kreislauf«, weiß Dr. Björn Nagel, Founding Director beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR). »Grüner Wasserstoff kann auch direkt in Triebwerken verbrannt werden. Dabei wird gar kein CO2 ausgestoßen und es kann eine deutlich bessere Energieeffizienz im Lebenszyklus ermöglicht werden«, erklärt Dr. Nagel. So die Theorie – in der Praxis sei laut dem Experten des DLR aufgrund deutlich steigender Kosten für grüne Energieträger eine radikale Optimierung der Energieeffizienz erforderlich. Neben alternativen Treibstoffen experimentierst du als Luftfahrttechniker auch mit verschiedenen Materialien. Laut dem Experten des Luft- und Raumfahrtzentrums müsse das gesamte »System Luftfahrt« mit all seinen Wechselwirkungen erfasst werden. Du fertigst Entwürfe an und planst die effiziente Instandhaltung verschiedener Modelle. Genau dort knüpft auch Dr. Björn Nagel an: »Den Entwurf neuer Luftfahrzeuge mit zum Teil revolutionären Technologien, die Produktion in zukünftigen Fabriken, den Betrieb der weltweiten Flugzeugflotte und die Außerdienststellung mit dem Recycling von Materialien – diese besondere Mutidisziplinarität ist eine charakteristische Herausforderung der Luftfahrt und begeisternde Motivation für viele Ingenieure.«

Bei Airbus »liegt der Fokus auf zukunftsweisenden Projekten«, weiß Eileen Huber. Sie ist Talent Acquisition Partner bei dem Flugzeughersteller. »Wir bei Airbus haben zum Beispiel das Ziel, bis 2035 das weltweit erste emissionsfreie Verkehrsflugzeug zu entwickeln. Der Wasserstoffantrieb wird uns dabei helfen, dieses Ziel zu erreichen. Unsere ›ZEROe‹-Konzeptflugzeuge ermöglichen es uns, eine Vielzahl von Konfigurationen und Wasserstofftechnologien zu erforschen, die die Entwicklung unserer zukünftigen emissionsfreien Flugzeuge prägen werden«, so Huber. Generell suche ihre Firma aber in allen Bereichen nach jungen Talenten, die die Firma mit ihrem Wissen bereichern. »Von Engineering, über IT oder Cyber Security ist für jeden etwas dabei«, erklärt sie weiter. Auch Julia Eberhard, Head of People Brand der Lufthansa Technik AG, sieht einen Bedarf an Nachwuchs in allen Fachbereichen des Unternehmens. »Unsere Nachfrage nach neuen, gut ausgebildeten Fachkräften wie auch der unserer Wettbewerber ist höher denn je – seit 2,5 Jahren bereits stellen wir uns der Herausforderung mit einer globalen Pandemie umzugehen. Doch nicht nur reagieren in der Gegenwart, sondern auch die Zukunftsgestaltung der Branche beschäftigen uns: Insbesondere bei der Digitalisierung und der Entwicklung nachhaltiger Lösungen sind gut ausgebildete Fachkräfte mehr als gefragt«, erklärt Eberhard.

Auch das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS forscht im Turbinen- und Triebwerksbau, der viele Ansätze für Optimierung und Kosteneinsparung beim Fliegen bietet. Lösungen für neuartige Triebwerkdesigns, langlebigere Turbinenschaufeln oder günstige Verfahren für Reparatur, Wartung und Instandsetzung seien nur ein Teil der Ergebnisse der langjährigen Forschungs- und Entwicklungsarbeit, heißt es auf der Webseite des Fraunhofer IWS. »Verfahren wie das Laserhärten, Laserschweißen und Laserschneiden sowie innovative Beschichtungslösungen und die fast grenzenlosen Designfreiheiten der additiven Fertigung im Flugzeugbau finden dabei ebenso Anwendung wie auch bei Raketenantrieben und Weltraumteleskopen«, heißt es weiter.

Und woher wissen die Absolventen, was fachlich gefordert wird? »Der geforderte Background ist in der Regel immer in der Stellenanzeige angegeben. Gerne können sich Bewerber auch mit vergleichbaren Abschlüssen auf eine Stelle bewerben. Im besten Fall verfügen Absolventen über erste Erfahrungen in dem geforderten Bereich, sei es durch ein Praktikum oder eine Werkstudententätigkeit. Aber auch ohne vorangegangene Berufserfahrung ist eine Bewerbung möglich. Die Hauptsache ist, dass Interesse am Fachbereich und Spaß an den Tätigkeiten vorhanden ist«, so Eileen Huber.

Wer macht's möglich?

Digitale Methoden und kooperative Arbeitstechniken werden laut Dr. Nagel immer bedeutsamer, um den Innovationszyklus zu beschleunigen und die steigende Komplexität zu beherrschen. Laut Eileen Huber, versuche man auch beim Flugzeughersteller Airbus immer Synergien durch Kooperationen mit anderen Fachbereichen und Abteilungen zu schaffen. »Je näher die Zusammenarbeit, desto effektiver der Prozess«, weiß Talent Acquisition Partner Huber. Außerdem ist sie überzeugt davon, dass »Nachhaltigkeit in der Luftfahrt Thema Nummer eins sein wird. Jegliche Spezialisierungen im Bereich der Nachhaltigkeit sind gefragt, um hier den bestmöglichen Input als Jobeinsteiger liefern zu können«.

Julia Eberhard der Lufthansa Technik AG sucht vor allem nach »motivationsgeladenen, agilen und engagierten Mitarbeitenden, die Lust aber auch den Ehrgeiz besitzen, die Zukunft der Luftfahrt mitzugestalten, nachhaltiger und effizienter zu entwickeln als auch zu digitalisieren. Dabei suchen wir Azubis, Facharbeitende, Quereinsteiger*innen, Studierende sowie berufserfahrene Mitarbeitende«. Bei der Lufthansa Technik AG erwarten dich Projekte wie »AVIATAR«, »Cyclean Wash« und »AEROshark«, deren Inhalte so vielseitig und voller spannender Herausforderungen wie die Branche selbst sind.

Der Founding Director des DLR fügt noch hinzu, dass die Entwicklung exzellenter Produkte nur möglich sei, wenn eine entsprechende Expertise in allen Bereichen zur Geltung gebracht werden kann. »Wir benötigen deshalb auch weiterhin alle etablierten Spezialisierungen der Luftfahrt. Entscheidend ist die persönliche Leidenschaft für die eigene Spezialisierung und die Motivation, gemeinsam die Herausforderung des klimaneutralen Fliegens anzunehmen«, resümiert Dr. Nagel. Da bleibt nur zu sagen: »Cabin Crew, prepare for takeoff!«


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