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Arbeitsmarkt für Juristen: Perspektiven

Ein Blick auf den Arbeitsmarkt für Juristen

Lieber Absolvent der Rechtswissenschaften, lieber Jurist in spe, es mag stimmen, dass der Mensch die Angewohnheit hat, die Gegenwart aus den Augen zu verlieren. Leichter fällt es da manchmal, sich in schönen Erinnerungen zu verlieren, sich den letzten Sommer ins Gedächtnis zu rufen oder ans erste Semester zu denken, das trotz mancher Anfangsschwierigkeiten so aufregend war. Die Gegenwart hingegen mag für dich eine Zwischenstation sein, auf die du in ein paar Jahren gerne zurückblickst oder unfassbar erleichtert sein wirst, weil diese harten Zeiten endlich überstanden sind. Wo du dich nächstes Jahr – auch emotional – befindest, hängt unter anderem damit zusammen, wie sich für dich die nächste Zeit entwickelt. Sprich, ob du dein Studium erfolgreich abschließt und wo du danach unterkommst. 

Nun, es ist allseits bekannt, dass wir einen Fachkräftemangel haben – leider betrifft dieser nicht die Juristen. Während sich Ingenieure, Naturwissenschaftler und Informatiker ihre Jobs durchaus manchmal aus einer Variation von Angeboten aussuchen können, die ihnen auf einen Silbertablett serviert werden, bleibt Juristen oftmals der Blick in die Röhre. Seit 1990 ist die Zahl der zugelassenen Rechtsanwälte kontinuierlich gestiegen. Gab es damals 56.638 Anwälte in Deutschland, waren es im März diesen Jahres bereits 160.894. Während sich vor 23 Jahren rund 1.400 Deutsche einen Anwalt geteilt haben, sind es heute circa 500.  


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Ganz ehrlich – diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Wer einen Anwalt braucht, kann sich aus einer Vielzahl ›bedienen‹. Je nach Spezialisierung, Preisklasse, Ortsnähe und-und-und. Verständlich, dass manchem Anwärter spontan der demographische Wandel in den Sinn kommt – schließlich geht auch mal der beste Anwalt in Pension. Die Frage ist nur ›wann?‹. Fakt ist, dass sich da draußen eine sehr junge Schar an Anwälten tummelt. Eine Statistik der Bundesrechtsanwaltskammer von 2012 zeigt, dass die Altersstruktur bei durchschnittlich 50 Jahren liegt. Somit hat sich auch der Gedanke erledigt, dass sich die Kollegen demnächst in den Ruhestand verabschieden.

Hinzu kommt, dass in den letzten zehn Jahren immer mehr Kanzleien gegründet wurden – in Deutschland gibt es mittlerweile rund 54.000 Anwaltskanzleien. Als wäre dies nicht Konkurrenz genug, entfacht eine zunehmende Zahl nicht-anwaltlicher Anbieter zusätzlichen Wettbewerbsdruck. Gemäß der Zukunftsstudie ›Der Rechtsdienstleistungsmarkt 2030‹ des Deutschen Anwaltsvereins (DAV) sind vor allem im Bereich der Unfallregulierung Autohändler, Sachverständige, Werkstattbetreiber und Mietwagenunternehmen als Konkurrenten der Anwaltschaft zu sehen. Aber auch Banken und Versicherungen buhlen um Beratungsmandate.

Angesichts dieser Fülle an ›externen Mitstreitern‹ und der großen Zahl von Anwaltskollegen stellt sich für dich sicherlich die Frage, wo du in diesem ganzen Gewusel unterkommen wirst. Oder was du haben musst, um einen Job zu finden. Wir haben bei Kanzleien und Unternehmen nachgefragt, welche Spezialisierungen im nächsten Jahr die Chance auf einen erfolgreichen Einstieg erhöhen. Et voilà:

Juristen bei der Deutschen Bank

Sven Alpert, Leiter Graduate Recruitment Deutschland bei der Deutschen Bank: »In der Deutschen Bank arbeiten Juristen auch außerhalb der Rechtsabteilung in unterschiedlichen Bereichen, etwa in Infrastrukturfunktionen wie Personalabteilung und Compliance. Einsatzbereiche für Juristen umfassen dabei vorrangig Arbeits- sowie Wirtschafts-/Finanzrecht. Einsatzmöglichkeiten hängen dabei vom Bedarf der Bank sowie von den Interessen und bisherigen Berufserfahrungen des Einzelnen ab. Juristen im 1. Staatsexamen bieten wir beispielsweise an, ihre Wahlstation oder ihr Referendariat bei uns zu absolvieren.«

Juristen bei PwC

Dr. Folke Werner, Leiter Recruiting bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC: »Sehr gute Chancen auf einen erfolgreichen Einstieg bei PwC haben Absolventen der Rechtswissenschaften mit einem Studienschwerpunkt im Arbeitsrecht, Energierecht, Immobilienrecht, Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Banken-, Versicherungs- oder Investmentrecht.«

Arbeitsmarkt für Juristen bei Freshfields Bruckhaus Deringer


Ulrich Herrndorf, Director Human Resources bei Freshfields Bruckhaus Deringer: »Wir suchen nach wie vor für alle unsere Praxisbereiche hervorragend qualifizierte Juristen. Im kommenden Jahr planen wir, etwa 75 bis 85 Berufsanfänger in Deutschland einzustellen. Eine herausragende Qualifikation, also zwei Prädikatsexamina, sind Voraussetzung – wünschenswert ist außerdem ein LL.M. Ein weiteres Plus ist, wenn Bewerber bereits Interesse für internationales Wirtschaftsrecht dokumentieren können.«

Arbeitsmarkt für Juristen bei Audi


Dr. Martin Wagener, General Counsel der Audi AG: »Im Zeitalter von Big Data steigt das weltweite Datenaufkommen unaufhörlich. Für unsere Audi Rechtsberatung bedeutet dies, unsere Mitarbeiter bei der Entwicklung der Audi Modelle und im Arbeitsalltag intensiv und kompetent im Bereich des Datenrechts zu beraten. Aus diesem Grund haben Nachwuchsjuristen mit vertieften rechtlichen Kenntnissen im Datenschutz-, IP- und IT-Recht sehr gute Chancen auf einen erfolgreichen Einstieg bei Audi.«

Arbeitsmarkt für Juristen bei der Allianz


Ralf Hilscher, Leiter Personalmarketing & Programme, Allianz Deutschland AG: »Juristisches Fachwissen ist an vielen Ecken eines Versicherungsunternehmens gefragt. Generell suchen wir laufend Rechtsreferendare, die sich mit den Themen Arbeits- oder Sozialversicherungsrecht, Gremienarbeit oder Compliance sowie Markenrecht, Kartell- und Wettbewerbsrecht oder Kapitalmarktrecht auseinandersetzen. Für den Berufseinstieg empfehlen wir Juristen unser Traineeprogramm Versicherungsmangement. Dort sammeln Juristen Eindrücke aus verschiedensten Fachgebieten des Versicherungsbetriebs. Sie setzen sich mit komplexen Schaden- oder Leistungsfällen der Sach-, Lebens- oder Krankenversicherung auseinander. Damit machen wir unsere Trainees fit für eine Karriere als Führungskraft im Versicherungsbetrieb oder als Spezialisten in der Funktion des Underwriters.«

Arbeitsmarkt für Juristen bei Bosch


Vera Winter, Leiterin Personalmarketing Deutschland, Robert Bosch GmbH:»Bosch sucht sehr gut ausgebildete, aufgeschlossene, engagierte Volljuristen, die mit ihrer Arbeit auch dazu beitragen wollen, Technik fürs Leben zu schaffen. Wer sich in unseren Konzernrechtsabteilungen oder an Standorten im In- und Ausland einbringen möchte, sollte sehr gute Examina vorweisen können und fließend Englisch sprechen. Absolventen mit Schwerpunkt Wirtschaft, Strafrecht, Arbeitsrecht oder gewerblicher Rechtsschutz haben 2014 gute Chancen auf einen Einstieg.«

Arbeitsmarkt für Juristen bei E.on


Monica Wertheim, Verantwortlich im Center of Competence für Global Employer Brand und Strategic Recruiting, E.on SE: »Für Absolventen der Rechtswissenschaften gibt es bei E.on eine Reihe interessanter Betätigungsfelder. So warten in unserer Rechtsabteilung etwa vielfältige Aufgaben in den Bereichen Kartellrecht, (Energie-)Wirtschafts-, Gesellschafts- und internationales Recht, während es im Personalbereich vorwiegend um Fragen des Arbeits- und Sozialrechts geht. Erfolgsversprechend sind derzeit sicherlich solche Spezialgebiete, die wir verstärkt insourcen 
wollen.«

Arbeitsmarkt für Juristen bei Gleiss Lutz


Dr. Alexander Schwarz, Gleiss Lutz Personal-Partner, Büro Düsseldorf: »Die Tätigkeit bei Gleiss Lutz erstreckt sich auf alle Bereiche des Wirtschaftsrechts: Arbeitsrecht, Bank-, Finanz- und Kapitalmarktrecht, Gesellschaftsrecht/M&A, Gewerblicher Rechtsschutz, Kartellrecht, Öffentliches Recht/Immobilienrecht, Prozessführung, Schiedsgerichtsbarkeit, Steuerrecht. Jeder unserer Anwälte ist hoch spezialisiert und ein anerkannter Experte in seinem Rechtsgebiet. Da wir an diesem Ansatz auch in Zukunft festhalten wollen, sind wir auch weiterhin an herausragenden Juristen interessiert. Das gilt für alle Rechtsgebiete und alle Standorte, also: Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, München, Stuttgart und Brüssel. Ob als Berufseinsteiger oder mit ersten Berufserfahrungen – wir stellen jährlich circa 40 bis 45 Juristinnen und Juristen ein.«

In Zukunft spielen die jeweiligen Spezialisierungen der Kanzleien eine immer größere Rolle. Dabei gehen aus der Studie des DAV wesentliche Trends für die Anwaltschaft hervor:  »Die Spezialisierung wird immer wichtiger, die Anzahl möglicher Fachanwaltstitel und die der Fachanwälte nimmt stetig zu«, erklärt Anne-Rieke Detering vom DAV.  In den letzten Jahren konnten vor allem folgende Fachgebiete punkten: Informationstechnologierecht, Bank- und Kapitalmarktrecht, Sozial-, Agrar- und Steuerrecht sowie Urheber- und Medienrecht. Zukünftig versprechen Spezialisierungen auf das Kartellrecht oder – mit Blick auf den demographischen Wandel – das Seniorenrecht gute Karrieremöglichkeiten. Zugleich verlangt die zunehmende Europäisierung nach Experten ebenso wie die Internationalisierung des Rechts.  

Ob du dabei bereits mit einem Bachelorabschluss punkten kannst, doch besser mit dem Mastertitel aufwarten solltest oder du unbedingt mit einem ›vollbefriedigenden‹ Staatsexamen anrücken musst, hängt – wie so vieles im Leben – davon ab, was du willst und was andere von dir erwarten: »Jenseits der klassischen juristischen Abschlüsse kann auch der Bachelor- oder Masterabschluss reichen. Für die ›klassischen‹ Berufe sind die beiden Staatsexamina weiterhin Voraussetzung. Ich vermute, dass sich dies in naher Zukunft nicht ändern wird«, sagt Detering. Bei vielen Kanzleien wie Freshfields Bruckhaus Deringer kommen aber für den juristischen Bereich auch Bachelor-Absolventen oder Diplomjuristen in Frage, die je nach Bedarf als Transaction Support Lawyer eingestellt werden, wie Ulrich Herrndorf erklärt. Bei Gleiss Lutz kommt es weniger auf den Abschluss als auf einen überdurchschnittlichen Studienabschluss sowie gute Englischkenntnisse an. ›Bachelor welcome‹ heißt es auch bei Allianz Deutschland – willkommen sind dabei die Absolventen, die ihr Studium mit sehr guten Leistungen abgeschlossen haben, engagiert sind und erste praktische Erfahrungen vorweisen können. Ob Konzern oder Kanzlei, Bachelor, Master oder Staatsexamen – oder doch lieber Selbstständigkeit?

Solltest du dir allerdings in Gedanken gerade dein eigenes Kanzleischild an die Tür bohren: Sei dir bewusst, dass du hierfür Mut, Beharrlichkeit, unternehmerisches Denken und das juristische Handwerkszeug mitbringen musst. Und sehr viel Lust auf den Anwaltsberuf. Denn solltest du nicht innerhalb kürzester Zeit zur Großkanzlei anwachsen: Nach der Zukunftsstudie des DAV wird es für kleinere Kanzleien immer schwieriger, den Anforderungen an Spezialisierung und Internationalisierung des Kanzleigeschäftes gerecht zu werden. Als Selbstständiger solltest du für eine erfolgreiche Zukunft vor allem eines im Auge haben: professionelle Akquise, unbedingte Kundenorientierung, ein unverwechselbares Beratungsprofil und ein strategisches Marketing. 


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Die Zukunft sieht dennoch für den Großteil der Juristen in spe eines vor: eine Tätigkeit als Anwalt beziehungsweise Anwältin. »Sei es aus Leidenschaft oder als Notlösung«, fügt Anne-Rieke Detering vom DAV hinzu. Diesen Schluss lassen die Zahlen der vergangenen Jahre – bei allen Unwägbarkeiten einer Prognose – recht sicher zu.

Was das Jahr 2014 allerdings konkret bringen wird, kann dir niemand mit Sicherheit sagen – es wird nicht ganz so einfach für dich werden wie für deinen Kollegen aus der Ingenieursfakultät oder für deine Informatikerfreunde. Auch monetär werden diese Berufsgruppen dich zu einer hohen Wahrscheinlichkeit überholen, aber wenn du dich den Entwicklungen der nächsten Jahre wie dem technologischen und den demographischen Wandel sowie dem internationalen Wettbewerb gegenüber nicht verschließt, bieten sich immer wieder Chancen. Es liegt an dir, diese zu ergreifen. Dann schnapp mal zu!

Foto: mauritius images/STOCK4B-RF

 

Arbeitsmarkt für Juristen: 2011

Wirtschaftskrise hier, Konjunktureinbrüche da, Insolvenzen dort: Du kannst die ganzen schlechten Nachrichten, die uns seit mittlerweile zwei Jahren ereilen, nicht mehr hören? Geht uns genauso! Aus diesem Grund blicken wir in die Zukunft – und die sieht für dich als angehen den Rechtswissen schaftler gar nicht so übel aus. Ganz im Gegenteil! Unser ›Arbeitsmarktreport 2011‹, an dem sich insgesamt zehn Unternehmen aus diversen Branchen beteiligt haben, zeigt auf: Juristen werden gesucht – vor allem in der freien Wirtschaft. In unserem Themenspecial erfährst du alles über deine Zukunftsaussichten: Zahlen, Analysen und Interviews mit Experten sowie in einer großen Tabelle die Personalplanungen der Unternehmen.

»Englisch ist unser täglich Brot!«

Der Arbeitsmarkt für Juristen ist nach wie vor angespannt. Längerfristig haben Rechtsexperten jedoch gute Jobperspektiven. Vor allem in Wirtschaftsunternehmen werden die Rechtsabteilungen trotz Krise gestärkt.

Den ersten Kontakt zu ihrem Arbeitgeber hatte Anna Katharina Wolf, als sie 2006 den ›European Prize for the Best Business Law Student‹ gewann: Der internationale Case- Study-Wettbewerb wird von der internationalen Wirtschaftssozietät ›Freshfields Bruckhaus Deringer‹ in Zusammenarbeit mit der Financial Times vergeben. »Trotzdem hat es noch fast vier Jahre gedauert, bis ich zu Freshfields zurückgekehrt bin«, erzählt die 29-jährige Juristin. Nach ihrem zweiten Staatsexamen absolvierte Wolf zunächst ein LL.M.-Studium an der Columbia University in New York und schrieb ihre Doktorarbeit an der Universität St. Gallen. Es folgte die Bewerbung bei ›Freshfields Bruckhaus Deringer‹, wo Anna Katharina Wolf seit April dieses Jahres als Associate im Bereich Kartellrecht beschäftigt ist. »Wir begleiten Unternehmen bei Fusionen und wenn sie in kartellrechtliche Fragen geraten«, beschreibt die Rechtsanwältin ihren Beruf, dessen Nähe zum Wirtschaftsleben sie am meisten schätzt. »Zuvor hatte ich eine gewisse Vorstellung vom Wirtschaftsleben und davon, wie es rechtlich funktioniert. Aber erst jetzt, da ich sehr eng mit den Wirtschaftsvertretern zusammenarbeite, verstehe ich, was die Unternehmen bewegt.« 

Jobs wie jener von Anna Katharina Wolf sind unter Juristen heißt begehrt: Internationale Großkanzleien wie ›Freshfields Bruckhaus Deringer‹ werden regelmäßig zu den beliebtesten Arbeitgebern gewählt. Nach Angaben des Berliner ›trendence Institut‹ wollen über 30 Prozent der Jurastudierenden in einer Großkanzlei arbeiten. Es folgen der Öffentliche Dienst und die Arbeit in einer kleineren oder mittleren Kanzlei mit jeweils rund 17 Prozent. Doch nur die wenigsten beginnen ihre Karrieren in großen Sozietäten, die meisten Absolventen starten als Anwalt mit eigener Kanzlei. 

Die Karriereanforderungen in den beliebten Großkanzleien sind hoch: »Voraussetzungen für einen erfolgreichen Einstieg bei Freshfields sind zwei Prädikatsexamina, gern auch schon gute Englisch-Kenntnisse und der Dr.- oder LL.M.-Titel«, sagt Hedi Ruth Osenberg, Recruitment-Manager bei ›Freshfields Bruckhaus Deringer‹. »Diese Zusatzqualifikationen sind aber kein Muss. Unser exzellentes Weiterbildungsprogramm vermittelt vom ersten Tag an alle juristischen und nichtjuristischen Fertigkeiten, die man für eine erfolgreiche anwaltliche Tätigkeit braucht.« Wichtig sei nicht zuletzt die Lust eines Bewerbers auf die Zusammenarbeit mit anderen Menschen und das Interesse über den eigenen kulturellen und juristischen Bereich hinaus. Wer es in eine Großkanzlei wie ›Freshfields Bruckhaus Deringer‹ schafft, hat laut Recruiterin Osenberg ein klares Karriereangebot: »Die besten unserer Anwälte können nach rund vier Jahren Principal Associate und nach sechs bis sieben Jahren Partner der Sozietät werden. Eine Alternative dazu als längerfristig angestellter Anwalt mit möglicher Partnerperspektive ist der Counsel- Status.« 

Doch auch in der freien Wirtschaft sind Juristen gefragt. So hat beispielsweise der Technologiekonzern Siemens seine Rechtsabteilung vor rund zwei Jahren neu aufgestellt: »Früher wurde unser Geschäftsbereich Legal eher als beratende Service-Unit gesehen«, sagt André Heinz, Personalreferent der Siemens-Rechtsabteilung. »Heute sind unsere Juristen als Geschäftspartner stark in die Unternehmensaktivitäten involviert.« Rund 600 Mitarbeiter zählt die Rechtsabteilung bei Siemens, pro Jahr werden rund 30 Juristen gesucht. »Diese Evolution vom Dienstleister zum Geschäftspartner hat natürlich dazu geführt, dass der Personalbedarf unseres Bereiches und damit die Anforderungen gewachsen sind«, sagt Heinz. Laut Siemens erhält man als Jurist schnell Verantwortung im Konzern und wird stark in Geschäftsprozesse eingebunden. »Dafür suchen wir exzellente Rechtsanwälte «, so André Heinz. 

Dass die Rechtsabteilungen in Wirtschaftsunternehmen eine zunehmend größere Rolle spielen, hat Nicola Schreiner mit ihrer Karriere bei Siemens am eigenen Leib erlebt. Nach ihrer Promotion und dem Referendariat ist die heute 39-Jährige bereits 1999 bei Siemens eingestiegen. »Ich habe mich gegen die Kanzleiarbeit und den öffentlichen Dienst entscheiden, weil mich die enge Verzahnung von Wirtschaft und Recht in einem Unternehmen gereizt hat«, erzählt Schreiner, die bei Siemens zunächst im Outsorcing-Geschäft bei Kunden vor Ort unterwegs war. Seitdem die Rechtsabteilung bei Siemens 2008 neu aufgestellt wurde, arbeitet Nicola Schreiner als Teamleiterin ›Corporate und M & A‹: »Wir betreuen konzerninterne Ver- und Zukäufe«, berichtet die Juristin. »Bei den weltweit mehr als 1.000 Siemens- Gesellschaften gibt es eine Menge zu tun, und als Juristen sind wir unmittelbar an den Entscheidungsprozessen beteiligt.« 

Jura-Studenten rät Nicola Schreiner, Praktika und die Zeit des Referendariats nicht als Kalkül für den Lebenslauf zu begreifen. »Man sollte seinen Neigungen folgen und die Gelegenheit nutzen, potenzielle Arbeitgeber schon früh kennenzulernen«, sagt Schreiner. »Denn nur wer ambitioniert vorgeht, wird als Jurist im späteren Beruf Erfüllung finden.« 

Die Anforderungen an junge Juristen sind in den vergangenen Jahren aufgrund der zunehmenden Bewerberkonkurrenz gestiegen: Rechtswissenschaftler müssen sich in der freien Wirtschaft mit Wirtschaftswissenschaftlern messen. Gefragt sind unter anderem betriebswissenschaftliche Kenntnisse ebenso wie steuer- und wirtschaftsrechtliches Spezialwissen. Zudem erwarten viele Arbeitgeber auch einen überdurchschnittlichen Studienabschluss. 

Die meisten Juristen werden für das Arbeitsrecht gesucht, für das 79 Prozent der deutschen Unternehmen laut einer Umfrage Rechtswissenschaftler beschäftigt. Es folgen das Gesellschaftsrecht mit 74 Prozent, Wettbwerbs- und Kartellrecht mit 71 Prozent sowie das Steuerrecht mit 66 und das Immobilienrecht mit 61 Prozent. 

Was die Unternehmen planen

Zehn potenzielle Arbeitgeber gewähren uns einen Einblick in ihre Personalplanung der kommenden Monate. Außerdem: die neuesten Informationen zu Einstiegsgehältern in Unternehmen oder Kanzleien.

Und wie sind die Einstiegschanchen auf dem Arbeitsmarkt? Wie viel werde ich in etwa verdienen?

Juristischer Rat bleibt gefragt

Interview mit Ralf Beckmann, Experte der Bundesagentur für Arbeit, über die Chancen von Rechtswissenschaftlern.

Herr Beckmann, wie entwickelt sich derzeit der Arbeitsmarkt für Juristen? 
Der Arbeitsmarkt für Juristen hat sich 2009 verhalten entwickelt. Positiv zu vermerken war, dass die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung leicht stieg. Auch die Zahl der Vakanzen, die bei den Agenturen für Arbeit im Laufe des Jahres gemeldet wurden, überstieg die des Jahres 2008. Es gibt aber auch eine gegenläufige Entwicklung: Wirtschaftsunternehmen halten sich aufgrund engerer finanzieller Spielräume bei Neueinstellungen zurück. 

Was ist mit der berüchtigten Juristenschwemme der vergangenen Jahre? 
Das Jura- Studium erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. Auch die amtliche Statistik zeigt, dass die Zahl der erwerbstätigen Juristen deutlich gewachsen ist. Rund 233.000 Juristen waren nach letzten Angaben des Statistischen Bundesamtes 2008 in Deutschland erwerbstätig; 23 Prozent mehr als zur Jahrtausendwende. Zuwächse sind vor allem bei den freiberuflich Tätigen, aber auch bei angestellten Juristen zu verzeichnen. Die Zahl der verbeamteten Juristen ist dagegen leicht rückläufig. 

Gibt es heute mehr arbeitslose Juristen als früher? 
Die Zahl der arbeitslosen Juristen bewegte sich 2009 in etwa auf dem Niveau der Jahrtausendwende. Da gleichzeitig mehr Juristen erwerbstätig sind, hat sich der Anteil der arbeitslosen Juristen günstig entwickelt. Eine im Jahr 2009 gestiegene Arbeitslosenzahl von Juristen zeigt aber auch, dass die Krise am Arbeitsmarkt für Juristen nicht spurlos vorbeigeht. Jahresdurchschnittlich 5.800 Juristen waren 2009 arbeitslos gemeldet, rund 500 bzw. neun Prozent mehr als 2008. Vor allem Berufsanfängern ohne oder mit geringer Berufserfahrung fiel der Berufseinstieg schwerer. So waren fast zwei Drittel der arbeitslosen Juristen noch keine 35 Jahre alt. 

Heißt das, die Stellen für Juristen werden immer knapper? 
Unweigerlich bedeutet ein großes Angebot an juristischem Personal mehr Konkurrenzdruck. Betrachtet man die Zahl der 2009 bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten Stellen gab es rund 15 Prozent mehr Angebote als im Vorjahr. Dies scheint zu bestätigen, dass juristischer Rat gerade in der Krise gefragt ist. Allerdings bilden die gemeldeten Stellen nur einen kleinen Teilausschnitt des Arbeitsmarktes ab. Stellen für Richter, Staatsanwälte oder sonstige Beamte sind hier in der Regel nicht enthalten.