1 - Was bringt der Einstieg in eine Großkanzlei?
Der Einstieg bietet dir zwei verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten für deine Karriere: Entweder du willst langfristig in der Großkanzlei tätig sein und zum Partner aufsteigen oder dich hervorragend on the Job ausbilden lassen, um dich später selbstständig machen zu können.
2 - Welche Anforderungen haben Sie an Berufseinsteiger?
»In der Regel haben unsere Bewerber ihre juristische Qualifikation durch Prädikatsexamina nachgewiesen. Gute, ausbaufähige Englischkenntnisse sind ebenfalls wichtig. Promotion oder LL.M. sind willkommen, werden aber nicht erwartet. Wir nehmen unsere Anforderungen ernst, aber betrachten den Lebenslauf stets als Ganzes. Der Lebenslauf sollte zeigen, dass der Bewerber nicht nur hervorragend ausgebildet ist, sondern auch über den Tellerrand geschaut hat, zum Beispiel durch Auslandsaufenthalte oder ein Engagement in außerfachlichen Bereichen.« Samuel Schlunk, Director HR Legal bei Hengeler Mueller
3 - Welche Tätigkeiten erwarten Berufseinsteiger?
Typischerweise leisten Anwälte in einer Großkanzlei eine vollumfängliche juristische Beratung. Kunden sind oft eher Unternehmen als Einzelpersonen. Dann liegt die Hauptaufgabe in der Beratung von Transaktionen. Aber auch Kapitalmarktrecht, Steuerrecht und Fragen der Unternehmensfinanzierung spielen eine große Rolle.
4 - Welche persönlichen und fachlichen Kompetenzen sind ein muss?
»Fachliche Kompetenz beweist sich entweder durch hervorragende Staatsexamina oder eine vertiefte juristische Arbeit, wie eine Doktorarbeit oder ein LL.M. Daneben ist für unsere Teamarbeit ein wertschätzendes und respektvolles Miteinander essenziell. Ebenso ein Verständnis für wirtschaftliche Themen und Fingerspitzengefühl im menschlichen Umgang.« Dr. Oliver Bertram, Partner und HR-Partner bei Taylor Wessing
5 - Welches Gehalt gibt es für Berufseinsteiger?
Große Kanzleien zahlen gut – besonders Wirtschaftskanzleien belohnen ihre Anwälte mit sehr hohen Gehältern. Wenn du als Associate einsteigst, kannst du bereits im ersten Jahr mit einem Bruttojahresgehalt von 90.000 bis 120.000 Euro rechnen.
6 - Welche möglichen Karrierewege stehen Berufseinsteigern in einer großen Kanzlei offen?
»Associates lernen zunächst durch die laufende Mandatstätigkeit und von ihrem Mentor begleitet unsere Kanzlei kennen. Die Karriere erfolgt dann Schritt für Schritt: Nach zwei Jahren können sie zum Senior Associate ernannt werden, nach fünf Jahren zum Counsel. Nach dem siebten Jahr besteht die Möglichkeit, zum Partner aufzusteigen oder als Principal Counsel in der Sozietät zu bleiben.« Beate Werhahn, Director Human Resources bei CMS Deutschland
7 - Wo ist die Abgrenzung zwischen der Arbeit als Anwalt vs. beim Staat?
»Als Anwalt in der Großkanzlei steigt man tiefer in die Materie ein und hat mehr Möglichkeiten, sich auf ein Gebiet zu spezialisieren. Die Arbeit am Mandat ist immer Teamwork, bei der im Austausch mit den Kollegen die bestmögliche Lösung gefunden wird. Außerdem bieten wir viele Weiterbildungsveranstaltungen an, die die Anwälte fachlich und persönlich schulen.« Beate Werhahn, Director Human Resources bei CMS Deutschland
8 - Teilzeitarbeit in der Großkanzlei geht das?
Fast alle Großkanzleien bieten eine Form der Teilzeitarbeit an – auch für Associates. In der Praxis ist sie aber nicht so leicht umsetzbar. Besonders im Mandat kann es unangenehm werden, dem Mandanten oder dem Partner zu sagen, dass du eine dringende Aufgabe nicht mehr erledigen kannst, weil du jetzt Feierabend hast.
9 - Welche Vorteile hat die Arbeit in einer Großkanzlei?
Große Kanzleien behandeln meist ebenso große Fälle von teils sehr bedeutenden Mandanten. Das ist nicht nur spannend, sondern du baust dir auch ein internationales Netzwerk von Mandanten und Bekanntschaften auf, das dir für deine künftige Karriere nutzen kann. Großkanzleien legen zudem viel Wert auf die Weiterbildung ihrer Anwälte und nehmen dafür einiges an Geld in die Hand. Ein weiterer Vorteil: Standorte auf der ganzen Welt bieten viele Möglichkeiten für Auslandsaufenthalte.
10 - Was ist dran am Mythos, dass Berufseinsteiger sich erst mühsam und mit viel Aufwand hocharbeiten müssen?
»Wir arbeiten bei Taylor Wessing nicht nur in Großprojekten, sondern bieten ›full service‹ für Wirtschaftsunternehmen. Daher können auch junge Kollegen von Beginn an sehr eigenständig arbeiten, ohne sich zunächst in irgendeine Position hocharbeiten zu müssen. Die anwaltliche Tätigkeit ist aber – über alle Karrierestufen hinweg – stets herausfordernd.« Dr. Oliver Bertram, Partner und HR-Partner bei Taylor Wessing
11 - Welche Nachteile hat die Arbeit in einer Großkanzlei?
Du hast hier keine Mandanten, die nur du allein betreust, sondern beschäftigst dich mit Teilprozessen innerhalb vieler verschiedener Projekte. Dadurch ist das Verhältnis zu den Mandanten wesentlich unpersönlicher. Zudem musst du mit einer enorm hohen Arbeitsbelastung rechnen. 60 bis 80 Arbeitsstunden pro Woche sind hier normal. Dazu kommt ein ebenso hoher Leistungsdruck und oft komplizierte Hierarchiestrukturen.
12 - Welche Tipps können Sie Berufseinsteigern für einen erfolgreichen Einstieg geben?
»Interesse an wirtschaftlichen Zusammenhängen und Leidenschaft für spannende juristische Fragestellungen sollten Berufseinsteiger mitbringen. Sie sollten versuchen, die Dinge lösungsorientiert anzugehen und offen gegenüber Neuem sein. Die Fähigkeit zum Zuhören, kommunikatives Geschick und Freude an Teamarbeit sind ebenfalls wichtig und machen das Ankommen in unserem ›people business‹ sicher leichter. Trotz langer juristischer Ausbildung ist der Berufsalltag in einer Großkanzlei für die meisten Einsteiger ganz neu: die Fragestellungen, die Arbeitsweise, die Interaktion mit dem Team und dem Mandanten. Hier hilft Geduld und Gelassenheit.« Samuel Schlunk, Director HR Legal bei Hengeler Mueller