Jonas Heinzlmeier hat ›Wie würden Sie entscheiden‹ als Grundschüler regelmäßig gesehen und sich dadurch für den Richterberuf begeistert. Die Sendung, die von 1974 bis 2000 lief und in der echte Verfahren vor Publikum noch einmal verhandelt wurden, war vollkommen anders als die Gerichtsshows, die in den letzten Jahren unser Nachmittagsprogramm bestimmten. Das Besondere daran war die Zuschauerpartizipation. Das Studiopublikum durfte abstimmen, wie sie richten würden, bevor das Gericht dann bekannt gab, wie der Fall tatsächlich entschieden worden war.
Einige Jahre später entschied er sich wirklich für ein Jurastudium, eben mit dem Ziel, Richter zu werden. »Allerdings war natürlich bis zum zweiten Staatsexamen nicht klar, ob dies gelingen würde. Dass die Noten dann tatsächlich gereicht haben, war und ist für mich bis heute ein großes Glück«, sagt Heinzlmeier. Denn in Bayern ist für den Staatsdienst die Note des zweiten Staatsexamens das entscheidende Einstellungskriterium. Andere Bundesländer rechnen auch das Ergebnis des ersten Staatsexamens ein und auch weitere Qualifikationen können eine Rolle spielen, wenn auch nur eine kleine. Wie geht es weiter, wenn man das Ergebnis des zweiten Staatsexamens erhalten hat? Man richtet seine Bewerbung an das jeweilige Landesjustizministerium. »In Bayern sind derzeit für eine Bewerbung mindestens 8,25 Punkte im zweiten Staatsexamen Voraussetzung. Ob diese Punktezahl tatsächlich für eine Einstellung ausreicht, hängt letztlich von der Konkurrenzsituation und der Zahl der zu besetzenden Stellen ab«, erklärt der 38-Jährige.
In Bayern kann man seine Tätigkeit als Richter entweder bei der Staatsanwaltschaft oder einem Gericht beginnen. Entscheidet man sich für die Staatsanwaltschaft verbringt man dort die gesamte Probezeit von drei Jahren. Beginnt man bei einem Gericht wechselt man nach der Hälfte der Probezeit zur Staatsanwaltschaft. Wer in das Richterverhältnis auf Lebenszeit übernommen wird, kann zwischen diesen Stationen sowie zwischen Fachbereichen wechseln, weshalb man auch im Berufsleben nicht endgültig festgelegt ist.
Heinzlmeiers Bewerbung und die Probezeit verliefen erfolgreich und so ist er mittlerweile Richter am Landgericht Ansbach sowie Beisitzer einer Strafkammer und Strafvollstreckungskammer. Er studiert Akten, um sich auf Prozesse vorzubereiten, ist als Richter bei Verhandlungen dabei und hält die Urteile schriftlich fest. In der Strafvollstreckungskammer entscheidet er über Verurteilte im Gefängnis sowie im psychiatrischen Krankenhaus und in der Entziehungsanstalt, ob die Reststrafe beziehungsweise die weitere Unterbringung zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Generell kann es schon vorkommen, dass er ›Arbeit‹ mit nach Hause nimmt und über offene Fragen oder ›Problemfälle‹ nachdenkt. Das stelle für ihn aber keine Belastung dar, betont er, sondern er sieht es als Gelegenheit, alles sorgfältig abzuwägen. Bei schwierigen Fällen, die keine sofortige Entscheidung erfordern, hilft es ihm, seine Gedanken ein paar Tage reifen zu lassen. »Zwar komme ich dadurch selten zu einem anderen Ergebnis als nach meiner spontanen Einschätzung. Es hilft mir aber, um eine größere innere Sicherheit und Überzeugung für die Entscheidung zu gewinnen, um mit dieser ›gut leben‹ zu können. Schlecht wäre es nämlich, wenn man sich die Gedanken nach der Entscheidung abends im Bett machen würde und dann Zweifel an der Richtigkeit aufkämen«, sagt Heinzlmeier, der in Jena, Bayreuth und Würzburg studiert hat.
Für einen solch verantwortungsvollen Beruf sind natürlich auch gewisse persönliche Eigenschaften wichtig. Man sollte entscheidungsfreudig und auch in Stresssituationen Faktoren sorgfältig abwägen können. Auch ein Verhandlungsstil, der alle Beteiligten wertschätzt und angemessen zu Wort kommen lässt, ist vorteilhaft sowie die Fähigkeit, komplexe Rechtsfragen verständlich zu erklären, denn damit steht und fällt seiner Erfahrung nach die Akzeptanz von Entscheidungen. »Ferner«, erklärt der Ansbacher Richter, »ist es meiner Meinung nach wichtig, sich bewusst zu sein, dass man trotz Sorgfalt und Besonnenheit aufgrund der Begrenztheit menschlicher Erkenntnis Fehlentscheidungen treffen kann, die mitunter auch nicht mehr korrigierbar sind. Diese Erkenntnis, stets nur nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden zu können, führt zu einem gewissen Maß an Demut, die dem Richteramt nicht abträglich ist.«