Gesetzesbücher aufgereiht

Ist der LL.M. ein Karrierevorteil für Juristen?

Der LL.M.-Abschluss signalisiert Arbeitgebern vor allem Internationalität und Weltoffenheit und gewinnt für Juristen zunehmend an Bedeutung.

Doktortitel oder Master of Laws?

Einen von beiden wollte Helge Reich auf jeden Fall mitnehmen zwischen Abschluss seines Jurastudiums und Beginn der Referendariatszeit. »Ich habe mich schließlich für den Master of Laws entschieden – weil der internationaler ist«, erzählt Reich. Heute arbeitet der 36-Jährige als Anwalt und Partner in der Berliner Kanzlei ›Schertz Bergmann‹ und denkt gerne an seine LL.M.-Zeit zurück. An der Universität im neuseeländischen Wellington hat Reich einen ›Master of Laws‹ aufgesattelt: »Ich habe die Gelegenheit genutzt, noch einmal ins Ausland zu gehen und meine Sprachkenntnisse zu vertiefen. Und es hat auch einmal gut getan, das Rechtsempfinden und die rechtliche Praxis einer anderen Kultur kennenzulernen.«

Immer mehr Juristen wie Helge Reich entschließen sich, ihre juristische Ausbildung mit einem Master of Laws zu krönen. Dieser Postgraduierten-Abschluss kann von Juristen, aber auch von anderen Hochschulabsolventen an vielen Hochschulen im In- und Ausland erlangt werden. Am häufigsten wird der LL.M. allerdings an Hochschulen in den englischsprachigen Ländern erworben. Ein Master of Laws-Studium dauert in der Regel zwei bis vier Semester. LL.M. steht übrigens für ›Legum Magister/Magistra‹, wobei LL. die lateinische Abkürzung für den Plural ›Rechte‹ ist.

In Wirtschaftsunternehmen und großen Anwaltskanzleien ist ein zusätzlicher Titel gern gesehen und wird in den Stellenausschreibungen häufig explizit gefordert. Bei klassischen Kanzleien zählt der Doktortitel zwar immer noch mehr, doch bei international ausgerichteten Arbeitgebern ist der LL.M. auf dem besten Wege, eine gleichrangige Stellung einzunehmen.

Auch Helge Reich hat der Master of Laws bei dem Berufseinstieg genutzt: »Ich glaube schon, dass mein LL.M.-Titel eine Rolle bei meiner Einstellung gespielt hat«, sagt der Anwalt. »Allerdings wird es am Ende ausschlaggebend gewesen sein, dass ich mich bereits vorher auf Äußerungs- und Medienrecht spezialisiert hatte.«

Bei Schertz Bergmann ist Helge Reich vorrangig mit medienrechtlichen Streitfällen beschäftigt. »Ich verteidige Menschen, die sich von einer bestimmten Medienberichterstattung, zum Beispiel einer Fotoveröffentlichung, angegriffen fühlen. Genauso vertrete ich aber auch Verlage oder Journalisten, die durch derartige Berichterstattung in Bedrängnis geraten sind.« Reichs Mandanten sind Unternehmen, Politiker oder Schauspieler: »In meinem Beruf muss man sich auf die unterschiedlichsten Charaktere einstellen, und weil es im Medienrecht relativ wenig explizite Gesetze gibt, muss jeder einzelne Fall genau für sich betrachtet werden.«

LL.M.: Im In- oder Ausland?

»Der Master of Laws-Abschluss zeigt, dass man sich als Jurist auch auf internationalem Parkett bewegen kann oder aber dass man besondere Spezialkenntnisse besitzt. Seit Juni bietet der Deutsche Anwaltsverein deshalb auch den Masterstudiengang ›LL.M. in Anwaltsrecht und Anwaltspraxis‹ in Zusammenarbeit mit der Fernuniversität Hagen an.« Dr. Ulrike Guckes, Geschäftsführerin des Deutschen Anwaltvereins (DAV)Ein deutscher Master of Laws geht häufig mit einer Spezialisierung einher, zum Beispiel im Umwelt- oder Patentrecht. »Dadurch bietet sich die Möglichkeit, sich von anderen Juristen abzuheben«, sagt Ulrike Guckes, Geschäftsführerin des Deutschen Anwaltvereins (DAV). »Der Markt wird breiter.« Für den einzelnen Studierenden sei es jedoch immer auch eine Frage, ob der LL.M. in die persönliche Lebenssituation passe. »Klären Sie vorab, ob Ihnen ausreichend Zeit und Finanzen zur Verfügung stehen. Denn ein Master of Laws bedeutet, dass man noch einmal ein bis zwei Jahre mit intensiven Studien beschäftigt ist«, sagt Guckes.

An Hochschulen im Ausland liegt der Schwerpunkt meist auf dem jeweiligen Landesrecht, Rechtsvergleichen oder internationalem Recht. Bei allen offensichtlichen Vorteilen eines LL.M.-Studiums im Ausland will dieser Schritt jedoch gut überlegt sein. Experten warnen zum einen vor den sehr hohen Kosten für Studium und Lebenshaltung: Zum Beispiel muss ohne Finanzierungshilfen für ein neunmonatiges LL.M.-Programm in den USA mit mindestens 30.000 US-Dollar gerechnet werden. Außerdem erfordert ein Auslandsstudium eine lange Vorbereitungszeit. Je nachdem, welches spätere Tätigkeitsfeld angestrebt wird, muss das in der Regel eng ans jeweilige Landesrecht gebundene Programm im Ausland nicht unbedingt von Vorteil sein. Das Lehrangebot einer inländischen Hochschule kann je nach Berufswahl deutlich vorteilhafter ausfallen.

Der richtige Zeitpunkt für den LL.M.

Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen den in- und ausländischen Postgraduate-Angeboten ist der Zeitpunkt, zu dem das Studium absolviert wird. Ein LL.M.-Studium im Ausland erfolgt üblicherweise in einem Vollzeitprogramm und – nach dem ersten oder zweiten Staatsexamen – vor dem Berufseinstieg, wobei die Zulassungsvoraussetzungen sehr hoch sind. Inländische Programme wer den häufig als Teilzeitstudium und in Blockunterricht abgehalten – ideal also für Studenten, die ihr Weiterbildungsstudium berufsbegleitend absolvieren möchten.

Ein Master of Laws-Teilzeitprogramm kann drei oder vier Jahre dauern, ein Vollzeitprogramm 18 bis 24 Monate. Studierende, die sich für ein Teilzeitprogramm entscheiden, können neben dem LL.M.-Studium ein Praktikum absolvieren oder aber in einer Teilzeitstelle fest arbeiten. Bei einem Vollzeitprogramm gibt es dagegen meist keine Möglichkeit, nebenher zu arbeiten, da solche Programme wesentlich straffer organisiert sind. Es ermöglicht so aber auch einen schnelleren Abschluss und einen früheren Jobeinstieg.

Wann der optimale Moment für ein LL.M.- Studium gekommen ist, hängt von der individuellen Karriereplanung, und den persönlichen Lebensumständen ab. Die Zulassungsvoraussetzung für einen Master of Laws ist in jedem Fall ein erster akademischer Abschluss. Die meisten Juristen gehen das LL.M.-Studium direkt nach dem ersten juristischen Staatsexamen an. Denn die während des Master of Laws-Studiums erworbenen Zusatzqualifikationen können dann den Einstieg in das Wunscharbeitsgebiet erleichtern.

Was nur wenige wissen: Auch das Referendariat lässt sich mit einem berufsbegleitenden LL.M.-Studiengang kombinieren. In Teilzeitstudiengängen mit Wochenend- oder Abendkursen werden dabei Berufsvorbereitung und Studium zeitgleich gefahren. Bei diesen Formaten gehört zusätzlich zum ersten akademischen Abschluss eine einjährige Berufserfahrung zu den Zulassungsvoraussetzungen. Berufsbegleitende Master of Law-Studienprogramme beginnen in der Regel im Wintersemester, Vollzeit-LL.M.-Programme werden hingegen im Sommer- und Wintersemester angeboten.

LL.M. HINTERGRUND
 Mittlerweile werden im deutschsprachigen Raum über 50 LL.M.- und andere Masterprogramme für Juristen angeboten –mit steigender Tendenz. Zahlreiche deutsche Universitäten und Hochschulen kooperieren dabei mit Partnern im Ausland. Internationales Recht und Auslandserfahrung können auch fester Bestandteil eines LL.M.-Studiums in Deutschland sein.

Tipp: Wer sich mit einem LL.M. in Deutschland fit für das internationale Geschäft machen will, sollte bei der Auswahl des Programms darauf achten, in welchem Umfang Englisch die Unterrichtssprache ist.

 


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