Nahaufnahme Gerechtigkeitsstatue schwarz-wei?
Tipps und Tricks für Rechtsreferendare Dierck Schaefer // Flickr unter CC BY 2.0

Rechtsreferendariat: Was du wissen musst

Ob Anwalt, Richter oder Staatsanwalt: Im Referendariat durchlaufen Jurastudierende mögliche Stationen ihrer späteren Berufskarriere.

Viele angehende Juristen stöhnen, wenn sie daran denken, dass ihr Referendariat noch vor ihnen liegt. Maria Lachenmaier steht kurz davor, ihre Referendariatszeit zu beenden – gestöhnt hat sie dabei nicht: »Es war eine schöne Zeit, ich habe das Referendariat wirklich gern gemacht«, erzählt die 33-jährige. »Es war gut, überall reinzuschnuppern. So findet man am besten heraus, welche Arbeitsgebiete einem wirklich liegen.«

Rechtsreferendariat: Frühzeitig wertvolle Praxis-Erfahrungen sammeln

Maria Lachenmaier steckt mitten in den Lernvorbereitungen für ihr zweites Staatsexamen, mit dem der juristische Vorbereitungsdienst in Deutschland offiziell endet. Wer die Prüfungen besteht und seine Referendariatszeit damit erfolgreich abschließen kann, ist zum Richteramt qualifiziert, aber auch für die Tätigkeit im höheren Verwaltungsdienst, als Staatsanwalt und als Rechtsanwalt. Wo Lachenmaier einmal als Volljuristin arbeiten wird, weiß sie noch nicht: »Mein Beruf soll auf jeden Fall nicht rein juristischer Natur sein«, sagt die Berlinerin, die ihre Karriere am liebsten bei einem Verband oder einer Bundesbehörde beginnen würde. »Er sollte auch in den Kultur- oder Bildungsbereich hineinreichen – und er muss familienfreundlich sein.« Denn Maria Lachenmaier ist Mutter eines zweijährigen Sohnes.

Um herauszufinden, welche Arbeitsbedingungen und Aufgaben ihr besonders liegen, hat Maria Lachenmaier das Referendariat ausgiebig genutzt: Am Kammergericht Berlin war sie drei Monate am Zivilgericht und anschließend drei Monate bei einem Staatsanwalt. Nach einer Zwischenstation in der Verwaltung war Lachenmaier ein halbes Jahr bei einem Anwalt tätig. »In der Zeit am Kammergericht habe ich extrem viel gelernt«, berichtet Lachenmaier. »Der Richterberuf ist einfach faszinierend: Da kommen die verschiedensten Menschen mit ihren Streitigkeiten daher, und der Richter muss schauen, unter welche Rechtsnorm ihre teilweise grotesken Auseinandersetzungen passen, um den Streit zu schlichten.«

Aber auch die Zeit in einer Anwaltskanzlei war sehr intensiv für Maria Lachenmaier: »Wir waren häufig in Gefängnissen und haben uns dort mit Fällen von Gefangenen beschäftigt, die seit vielen Jahren einsitzen.«

Der Aufbau des Rechtsreferendariats

In Deutschland gliedert sich das Referendariat in fünf bis sechs Stationen, in denen der Rechtsreferendar jeweils für einige Monate in verschiedenen Rechtsgebieten ausgebildet wird. Die Länge der Stationen ist von Bundesland zu Bundesland verschieden – insgesamt dauert ein Referendariat jedoch überall rund zwei Jahre. Dazu wird der Referendar jeweils einem Oberlandesgericht zugewiesen, in dessen Bezirk meist ein Landesgericht als Stammdienststelle bestimmt wird, von dem aus er zu den jeweiligen Einzelausbildern gesandt wird.

»Natürlich kann man sich auch selbst um seine einzelnen Stationen kümmern, und das würde ich auch jedem empfehlen«, sagt Referendarin Maria Lachenmaier. An der Uni hat sie das schwarze Brett mit den Ausbildungsstellen bei Behörden und Unternehmen studiert. Sie hat sich unter Kommilitonen und bekannten Anwälten nach interessanten Ausbildungsstellen umgehört: »Wer sein Referendariat noch vor sich hat, sollte ruhig bei Juristen nachfragen. Ich jedenfalls habe immer freundlich Auskunft erhalten.«

Wichtig: Rechtzeitig für das Rechtsreferendariat bewerben

Lachenmaier rät, sich frühzeitig auf die Wartelisten setzen zu lassen, am besten direkt nach dem ersten Staatsexamen. Viele Referendare nutzen die Zeit, um Berufe kennen zu lernen, auf die der Andrang später besonders groß ist: Viele interessieren sich für den öffentlichen Dienst, für den Beruf des Richters oder des Staatsanwalts, doch laut Deutschem Anwaltverein (DAV) arbeiten 75 Prozent der Absolventen später als Anwälte. »Leider wissen viele Referendare am Ende nicht, wie Anwälte wirklich arbeiten«, sagt Ulrike Guckes, Geschäftsführerin des Deutschen Anwaltvereins. »Anwaltliche Themen sollten im Referendariat und in den Prüfungen eine noch größere Rolle spielen als sie es bislang schon tun.«

Bereits vor sieben Jahren sorgte eine grundlegende Reform der Referendarsausbildung für eine Stärkung des Anwaltsberufes: Die Station, die Referendare in einer Kanzlei verbringen, wurde von drei auf neun Monate verlängert. »Referendare sollten ihre Anwaltsstation dazu nutzen, auch grundlegende Fähigkeiten des Anwaltsberufes zu erwerben: die Fähigkeit, Mandanten zu akquirieren zum Beispiel. Oder einen anwaltlichen Kalender zu führen «, sagt DAV-Geschäftsführerin Guckes.

Auslandserfahrung im Referendariat

Gregor Schwarz hat sein Referendariat bereits einige Wochen hinter sich und arbeitet jetzt als Justitiar bei der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Dienstleister (FSM) in Berlin, einem Verein, der 1997 von Medienverbänden und Unternehmen der Online- Wirtschaft gegründet wurde. Bei der FSM kann sich jedermann über strafbare oder jugendgefährdende Inhalte im Netz beschweren oder Fragen zum Thema Jugendschutz im Internet stellen. »Ich habe bereits als Student ein eigenes Web-Design-Unternehmen gegründet und später während meines Referendariats in der IT-Abteilung einer Großkanzlei gearbeitet«, erzählt FSM-Justitiar Schwarz.

Der 34-Jährige hat seine Referendariatszeit vor allem dazu genutzt, internationale Erfahrung zu sammeln. Seine zehnmonatige Anwaltsstation verbrachte Schwarz in einer Kanzlei in Warschau, und für die abschließende Wahlstation suchte sich Gregor Schwarz eine englischsprachige Anwaltskanzlei als Arbeitgeber aus. »Mir war es besonders wichtig, ins Ausland zu gehen und meine Sprachkenntnisse auszubauen«, erzählt Schwarz. »Und natürlich habe ich so die Welt der Großkanzleien kennen gelernt, die nicht jedermanns Sache ist.«

Gregor Schwarz hat vor seinem Referendariat Jura mit Schwerpunkt Europarecht an der Europa- Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) studiert. Für sein Referendariat ging er an das Amtsgericht Siegen. »Angehende Referendare sollten sich vorab darüber informieren, wie lang die Wartezeiten in den unterschiedlichen Bundesländern sind«, rät Gregor Schwarz. »Ich wollte so schnell wie möglich mit meinem Referendariat beginnen und war deshalb bereit, meine Heimat vorübergehend zu verlassen.«

Der Bewerbungsprozess für Rechtsreferendare

Hat man sich für ein Bundesland entschieden, beginnt der eigentliche Bewerbungsprozess um eine Referendarstelle im juristischen Vorbereitungsdienst. Welche Unterlagen genau der Bewerbung beizufügen sind, können angehende Referendare den Informationen der jeweiligen Justizprüfungsämter entnehmen, die für die Rechtsreferendariate zuständig sind. Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Ort, wo die Ausbildungsstelle sein wird und unter welches Oberlandesgericht (OLG) diese fällt.

Nachteile des Rechtsreferendariats

Trotz genau abgesteckter Rahmenbedingungen ist das Referendariat auch Ziel häufig formulierter Kritik. Der Hintergrund: Wer nach Beendigung seines Referendariats das zweite Staatsexamen besteht, ist formell für jeden juristischen Beruf zugelassen und kann sowohl Rechtsanwalt als auch Richter und Staatsanwalt werden. Dies hat zur Folge, dass besonders begehrte Berufe mit wenigen Stellen – wie der des Richters – praktisch nach Bestnoten vergeben werden und unter den Anwälten erhebliche Qualitätsschwankungen vorherrschen, die von Mandanten zunächst nicht durchschaut werden können.

Seit Jahren fordern Referendariatskritiker deshalb, dass Absolventen eine spezielle Anwaltsausbildung durchlaufen, bevor sie als Rechtsanwälte tätig werden können. In vielen anderen Ländern ist das bereits gängige Praxis.


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