Windrad in der Sonne mit Himmel

Nawis in der Energiebranche

Praxisnähe, Karrierechancen und Aufbruchstimmung: Die Energiebranche lockt Naturwissenschaftle.

Kerstin Strauch schwärmt von ihrem Arbeitsalltag als Naturwissenschaftlerin in der Energiebranche, denn der ist alles andere als eintönig: »Ich beschäftige mich mit Hochtemperaturprozessen, bei denen die Oberfläche von Solarzellen beschichtet wird. An einem typischen Arbeitstag erstelle ich neue Experimente, betreue diese und werte Daten aus. In meinem bisher größten Projekt habe ich ein völlig neues Solarzellenkonzept mit einer neuen Beschichtung der Rückseite mitetabliert.

Diese verspiegelte Schicht sorgt dafür, dass mehr Licht in die Solarzelle zurückgespiegelt und mehr Strom erzeugt wird.« Mit ihrem Know-how hat es die junge Physikerin sogar schon ins Ausland geschafft: »Nach den erfolgreichen Tests in der Pilotlinie in Freiberg durfte ich die Einführung der Technologie in unserer Fertigung in den USA mitbegleiten. Im August 2012 konnte ich dafür drei Wochen in Oregon verbringen. Von Anfang an dabei zu sein, wenn eine Technologie von der Idee bis zur Produktionseinführung durchgeführt wird, fand ich als Neuling schon sehr interessant.« Die 27-Jährige mit dem Mastertitel in ›Angewandter Physik‹ ist Technologin in der Solarzellenentwicklung bei Solarworld und hat sich schon immer für Naturwissenschaften interessiert. Daher fiel ihr die Entscheidung leicht, ihr Studium entsprechend auszurichten. 

Auch Thomas Ries, Diplom-Geograf und Leiter des Bereichs Wasserwirtschaft bei N-Ergie, wusste schon früh, dass er eine Laufbahn als Naturwissenschaftler einschlagen würde. Heute ist der 49-Jährige zusammen mit seinen fünf Mitarbeitern für den Schutz des Grundwassers in den Wasserschutzgebieten, Gutachten und Stellungnahmen, die Vor-Ort-Kontrolle bei Baumaßnahmen sowie die Analyse und Interpretation sämtlicher Daten des Wasserhaushalts und der Wassergewinnung zuständig. Über mangelnde Herausforderungen kann er sich bei seiner Arbeit als Hydrologe nicht beschweren: »Die Wasserschutzgebiete«, so Ries, »liegen mitten unter uns, wo wir Menschen leben und wirtschaften. Daher ist es sehr aufwändig, einen umfangreichen Grundwasserschutz zu gewährleisten. Mein Arbeitsalltag wird daher immer wieder durch spannende Projekte ergänzt, wie die Bohrung von Brunnen, wo sich durch die wechselnde Geologie des Untergrundes immer wieder neue Überraschungen, zum Beispiel wasserführende Klüfte im Gestein ergeben.«

Fachkräfte wie Kerstin Strauch und Thomas Ries sind in der Energiebranche heiß begehrt. Das weiß Björn Braune, Senior Personalreferent bei Solarworld: »Naturwissenschaftler kommen hauptsächlich in der Solarworld Innovations GmbH, der Forschungsgesellschaft der Solarworld AG, zum Einsatz. Hier suchen wir Mitarbeiter für die verschiedenen Entwicklungsgruppen: Kristallisation, Wafer, Solarzelle oder Solarmodul.« Auch beim Energieversorger E.on ist man derzeit auf der Suche nach Naturwissenschaftlern. »Generell rekrutieren wir für die globale Einheit Exploration & Produktion. Konkret suchen wir einen Consultant für ›Neue Technologien‹ im Bereich kommerzielle Gebäude-Energiemanagementsysteme«, beschreibt Monica Wertheim, Senior Expert Employer Brand/Strategic Recruiting. Thomas Geilhardt, Personalleiter der N-Ergie, sieht sich derzeit vor allem nach Naturwissenschaftlern um, die er mit speziellen technologischen Aufgaben betrauen kann: »Bei uns sind beispielsweise Hydrologen in der Erstellung von Wasserschutzgebietsstrategien, Physiker an Schnittstellen als Risikomanager in der Energiebeschaffung oder Quereinsteiger in strategisch-konzeptionellen Aufgabenbereichen wie in der Unternehmensentwicklung tätig.«

Ob Quereinsteiger oder klassisches NaWi-Berufsfeld – die Einsatzbereiche sind so vielfältig, dass sich die Personaler der Energiebranche nicht auf bestimmte Studienrichtungen festlegen möchten. Für Solarworld sucht Björn Braune Absolventen der Chemie, Physik, Verfahrens-, Automatisierungs- und Elektrotechnik. Doch auch Geowissenschaftler, Geologen oder Geophysiker haben ausgezeichnete Chancen. Der akademische Abschluss dagegen ist nicht für jedes Unternehmen wichtig – auch für Bachelorabsolventen lohnt sich ein Blick in die Stellenausschreibung allemal. Während Björn Braune von Solarworld grundsätzlich auf der Suche nach Bachelor-, Master- oder Diplomabsolventen ist, legt Thomas Geilhardt großen Wert auf den Masterabschluss im Unizeugnis. »Bei N-Ergie wird ein Masterabschluss erwartet, da Naturwissenschaftler als hochqualifizierte Fachexperten mit strategisch-konzeptionellen Aufgaben eingesetzt werden«, begründet der 49-Jährige seine Entscheidung.

Darüber hinaus kommt es bei der Bewerbung auf zusätzliche Qualifikationen an, die schon während des Studiums gesammelt werden. Dazu gehören erste Praxiserfahrungen.

»Wir erwarten von unserem akademischen Nachwuchs neben fundiertem Fachwissen vor allem die Fähigkeit, erlernte wissenschaftliche Methoden und Erkenntnisse praktisch umzusetzen«, fügt Thomas Geilhardt hinzu.

Außerdem unverzichtbar: Kenntnisse im Projektmanagement, die Bereitschaft, betriebsinterne Weiterbildungsangebote zu nutzen oder sich berufsbegleitend weiterzubilden, und fließendes Englisch. In der Energiebranche geht es nämlich oft international zu. »Mit unserem Schwesterunternehmen Solarworld Industries America in Hillsboro, Oregon, verbindet uns eine enge Zusammenarbeit. Die Forscher und Entwickler der Solarworld Innovations realisieren gemeinsam mit den amerikanischen Kollegen Projekte und reisen zu deren Implementierung in die USA«, erzählt Björn Braune. »Aber auch unsere Produktionsmitarbeiter haben die Möglichkeit, sich entsenden zu lassen und bei mehrwöchigen Aufenthalten in Hillsboro ihre amerikanischen Kollegen zu schulen.«

Mögen die Aufgaben und Fachgebiete noch so unterschiedlich sein, eines ist allen Einsatzbereichen, die die Energiebranche zu bieten hat, gemein: Naturwissenschaftler in der Energiebranche forschen und arbeiten extrem praxisnah. »Wir«, fasst Björn Braune von Solarworld zusammen, »schaffen schließlich jeden Tag die Voraussetzungen für eine nachhaltigere Energiewende.«


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