
Herr Dr. Roters, was sind Ihrer Meinung nach die Trendthemen der Materialwissenschaft und Werkstofftechnik (MatWerk), die 2017 im Fokus der Forschung stehen?
Materialien der Energietechnik sind eines der aktuellen Trendthemen. Dabei spielen sowohl die klassischen Strukturwerkstoffe, etwa für Windkraftanlagen, als auch Materialien mit funktionalen Eigenschaften, zum Beispiel für die Batterietechnik, eine wichtige Rolle. Funktionale Materialien sind generell ein weiterer Trend. Durch die zunehmende Miniaturisierung ist häufig gar keine Unterscheidung mehr möglich, zwischen Struktur- und Funktionswerkstoff. In allen Bereichen der Materialwissenschaft wird außerdem immer mehr simuliert. Dabei spielt die Entwicklung physikalisch fundierter Materialmodelle eine ebenso wichtige Rolle wie die Simulation ganzer Systeme und ihrer Funktion.
Lassen Sie uns speziell über MatWerk-Absolventen sprechen: Welche Aufgaben erwarten sie in der Wissenschaft?
Das Aufgabenspektrum für Materialwissenschaftler ist geradezu unendlich. Neben der unmittelbaren Materialforschung und -entwicklung spielen Werkstoffe und ihre Eigenschaften in praktisch allen Industriebereichen eine wichtige Rolle. Je nach Interessen orientieren sich Wissenschaftler eher experimentell oder, wie ich, im Bereich der Werkstoffsimulation. Die Verknüpfung beider Bereiche wird dabei immer wichtiger, erfolgt aber meistens im Team und nicht durch einzelne Personen.
Wie schätzen Sie den Bedarf an Nachwuchswissenschaftlern in der Forschung ein?
Bedarf an guten Materialwissenschaftlern gibt es eigentlich immer. Leider sind im öffentlichen Bereich, zum Beispiel an den Universitäten, nur relativ wenige Dauerstellen und damit nur begrenzte Aufstiegschancen vorhanden. Der Bedarf in der industriellen Forschung wiederum unterliegt immer wieder starken konjunkturellen Schwankungen.
Stichwort Abschluss und Titel: Mit welchem akademischen Profil haben Absolventen die besten Chancen auf eine Anstellung?
Im Bereich der Wissenschaft ist eine Promotion sicher die beste Voraussetzung für die weitere Karriere.
Logisch, denn es warten viele Herausforderungen. Was sind die Größten?
Jede Form von Wissenschaft steht heute im direkten Wettbewerb. Nehmen wir das Beispiel der Mitteleinwerbung: Materialwissenschaftler konkurrieren mit ihren Anträgen nicht nur mit anderen Materialwissenschaftlern, sondern auch mit Wissenschaftlern aller anderen Disziplinen. Hier gilt es, den Wert der Materialwissenschaften für die Gesellschaft zu verdeutlichen. Das wichtigste Kriterium zur Beurteilung der Qualität ihrer Wissenschaft sind am Ende immer noch die Publikationen in Fachzeitschriften. Heißt: Das erfolgreiche Publizieren ist eine der Schlüsselanforderungen an jeden Wissenschaftler.
Gibt es weitere Anforderungen?
Neben dem eigentlichen Fachwissen ist Teamwork ganz wichtig. Denn große Erfolge sind fast immer Teamarbeit. Dazu kommen Sprachen: Gute Englischkenntnisse sind ein absolutes Muss, weil heute praktisch alle Veröffentlichungen in englischer Sprache erfolgen.
- Dr. Franz Roters ist Leiter der Gruppe ›Theorie und Simulation‹ am Max-Planck-Institut für Eisenforschung