Luftblockflöte wäre eher Semi-Fetzig
Luftblockflöte wäre eher Semi-Fetzig Carolynn Primeau / Quelle: Flickr.com unter CC BY 2.0

Luftgitarre: »Luftblockflöte wäre eher Semi-Fetzig ...«

Aline Westphals Leidenschaft gilt der Gitarre – und zwar der unsichtbaren Luftgitarre

Eigentlich weiß sie bis heute nicht so richtig, was da eigentlich passiert ist.

»Ich habe das nur durch Zufall mitbekommen. Ich hätte auch gerade auf dem Klo sein können«, sagt Aline Westphal.

Was sie da beinahe verpasst hätte, war der Aufruf, doch bitte auf die Bühne zu kommen, um zur Weltmeisterin gekürt zu werden. Zur weltbesten Luftgitarristin. Zwischen ihren ersten luftigen Akkorden 2009 vergingen nur zwei Jahre bis zum wertvollsten Titel der, tja ... der Szene? Des Sports? Der Kunstform? Ist eigentlich egal. Hauptsache, es macht Spaß und die Welt ein klein wenig friedlicher.

Luftgitarre spielen für den Weltfrieden

Denn der Weltfrieden sei das große Ziel, so die Überzeugung der World Air Guitar Federation. »Es ist auch ein Ventil für so vieles«, sagt Aline. »Richtig befreiend, wie Sportersatz. Viele Sportler beschreiben, wie frei und leicht sie sich nach dem Training fühlen. Das geht mir beim Luftgitarrespielen ähnlich.« Alines Empfinden beim pantomimischen Schrammeln geht aber noch viel weiter:

»Wenn ich in einem richtig guten Song drin bin und auf Wettbewerbsniveau spiele, bin ich irgendwo in einer Parallelwelt. Ich sehe das Publikum nicht und weiß einfach, was ich zu tun habe. Wenn der letzte Schlag vorbei ist, bin ich sofort wieder im Hier und Jetzt. Das klingt immer so dicke, aber es ist wirklich so«, fügt sie fast entschuldigend an.

Dabei hat ihre Karriere als Luftgitarristin erst einmal ziemlich ›verkopft‹ angefangen. Das erste Armkreisen, der erste tonlose Anschlag, die ersten ›Moves‹ lernte sie mit turnunterrichtsgleicher Disziplin in einer Übung zum Seminar ›Medienästhetische Überlegungen zur Luftgitarre‹ an der Uni Hildesheim.

Die Hemmschwelle beim Luftgitarrespielen ist hoch

Was dabei am wichtigsten war: »Wir mussten erst mal eine Hemmschwelle abbauen – die ist beim Luftgitarrespielen ganz, ganz, ganz oben.« Inzwischen ist der Studentin nichts mehr peinlich. Ihre imaginäre Gitarre baumelt ihr quasi jederzeit über die Schulter.

»Wenn man das Luftgitarrespielen professionell betreibt, ist der Nebeneffekt, dass man sich bei einem rockigen Lied gar nicht mehr halten kann«, meint Aline. »Ich spiele permanent. Natürlich pose ich nicht total, aber die finger wirbeln auf und ab oder ich schlage die Saiten locker an.«

Ihre Professionalität am Luftinstrument wird sie aber nicht dahin führen, andere darin zu unterrichten: »Von Workshops halte ich überhaupt nichts. Da sitzt dann nachher Oma Breseke und ich muss ihr zeigen, wie Luftgitarre geht.« Ihr Rat an alle, die sich noch nicht recht trauen: »CD einlegen, laut aufdrehen, selber machen. Es darf einem wirklich nicht peinlich sein!«

Wieder einmal vor 5.000 Menschen richtig aufdrehen wird Aline bei der nächsten Luftgitarrenweltmeisterschaft in der finnischen Stadt Oulu. »Den Titel verteidigen«, schwärmt sie, »das kribbelt dann schon.«


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