Torben und Petra
Torben und Petra als "Herr Brinkema" beim Poetry Slam privat

Poesie im Eigenbau: audimax wagt sich auf den Poetry Slam

Gedichte vortragen kann doch nicht so schwer sein. Haben wir uns gedacht und uns erstmals auf eine Poetry-Slam-Bühne gewagt. Ein Erlebnisbericht

Aus Publikumsperspektive ist so ein Poetry Slam wirklich eine sehr schöne Abendbeschäftigung: Wortgewandte Slammer tragen poetische Texte mit allerlei sprachlichen Finessen vor, ich sitze mäzenhaft da, wie Cäsar in der Manege, und bewerte das Dargebrachte wohlwollend oder vernichtend. Oh, was hätte man selbst nicht alles besser gemacht, hier noch eine bessere Pointe, dort noch mehr Witz im Vortrag. Nur: Die Allermeisten von uns machen es eben nicht, auf diese Bühne steigen und 200 Augenpaaren einen selbstgeschriebenen Text zum Fraß vorwerfen. Wir gehen altklug nach Hause und merken uns den nächsten Slamtermin vor.

 

Zu einfach, habe ich mir gedacht. Das probiere ich aus – Schreiben, das mache ich eh’ hauptberuflich, da werde ich doch wohl einen Slamtext hinkriegen. Also, Slamtermin gesucht, gefunden und Team ›Herr Brinkema‹, meinen Chef Torben und mich, angemeldet. Ging ja leicht, ha. Noch zwei Wochen bis zur Feuerprobe, ich, cooler als Ice-T.

Countdown Poetry Slam: Noch 7 Tage.

Im Freundeskreis anerkennendes Augenbrauen heben. Du, Slam, wow! Schon den Text fertig? Und plötzlich: Alle, wirklich alle kommen mit einer Idee an: Ich würde ja das machen, jenes Thema wäre doch der Hammer, blablabla – nee, Text noch nicht geschrieben, ihr Heerschar von Möchtegernexperten, ich mach das schon.

Countdown Poetry Slam: Noch 3 Tage.

Der Text und ich. Ich und der Text. F***. Das hier schleuder ich nicht einfach hin, mit diesem Text liefere ich uns dem Henker freiwillig zum Nachtisch. Innerhalb von zwei Stunden werfe ich vier Entwürfe über den Haufen, raufe die Haare und finde ihn dann doch, den roten Faden. Fertig. Alles cool.

Countdown Poetry Slam: Noch 2 Tage.

Alaaaarm, schreit mein Unterbewusstsein und weckt mich um fünf Uhr früh. Schlafen geht nicht mehr.

Countdown Poetry Slam: Noch 1 Tag.

Teampartner und ich proben zum ersten Mal. Panik, abends werden Passagen ausgetauscht und angepasst.

Countdown Poetry Slam: Tag X.

Generalprobe vor Verlagsteam. Voller Erfolg. Aber sie sind ja auch nett, die Kollegen. Jetzt hilft nur noch Kräuterschnaps und Teamgeist. Wir schaffen das – den Spruch kennen wir ja.
 

Countdown Poetry Slam: Ankunft Slam.

Wir: Normalos in Karohemd und Turnschuhen. Die anderen Slamer: sonderbar schwebende Wesen, Künstler. Ok. Konzentration. Schnaps. Auftritt als Dritte von Sieben. Durchatmen, Text vortragen, Aufatmen, es wird gelacht, an den richtigen Stellen. Bewertung im Mittelfeld. Schmerzt ein bisschen, habt ihr denn nicht gehört, das war ein Witz?! Das hätte ich noch anders machen müssen, der Vortrag, die Pointe… 

 

Poetry Slam: Und was bleibt?

Von der Komfortzone in das Spotlight war eine intensive Erfahrung. Ich werde wohl vorerst beim Schreiben bleiben. Und nie wieder werde ich beim Slam eine Bewertung schlechter als Sieben geben. Denn es gehört verdammt nochmal Mut dazu, auf diese Bühne zu steigen und sein Innerstes zum Abschuss freizugeben. Respect the Poets – oder: selbermachen!


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