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Wer forscht was?

Ob in der Wüste, auf dem Vulkan oder im Ozean – wir sind für dich ›vor Ort‹

In den Weiten der Sahara

»Seit meiner Kindheit habe ich davon geträumt, die letzten ›weißen Flecken‹ auf den Kontinenten zu erkunden – und das sind vor allem die Wüsten. Gerade in der östlichen Sahara gibt es Gebiete, die selbst heute noch längst nicht erforscht sind, denn die größte Wüste der Erde war vor rund 10.000 bis 5.000 Jahren vor heute grün und überall besiedelt. Manche Wurzeln der Kulturentwicklung sind bis tief in die Sahara hinein zurückzuverfolgen. Langweilig wird es deshalb auch für die nachfolgenden Forschergenerationen nicht. Die Vorbereitungen für die monatelangen Expeditionen erfordern einen hohen logistischen Aufwand: Steht die Finanzierung, müssen Wasser, Nahrungsmittel, Treibstoff, Forschungsmaterialien und vieles mehr eingepackt werden – Nachschub holen geht dann nicht mehr. Meist bleiben wir nicht lange an einem Ort, sondern brechen nach ein, zwei Tagen zum nächsten Ziel auf. Das Expeditionsleben ist hart – die Teilnehmer werden aber damit belohnt, dass sie in spektakulären Landschaften unerforschtes Neuland betreten, das oft niemand vor ihnen zu Gesicht bekommen hat. Absolventen brauchen vor allem Begeisterung, wissenschaftliche Neugier und müssen bereit sein, sehr enthaltsam unter fast schon militärischen Bedingungen zu arbeiten.

Die Wüste ist auch für andere Forschungsdisziplinen interessant: Aufgrund der teils marsähnlichen Verhältnisse werden dort Vorbereitungen und Tests für künftige Marsmissionen durchgeführt. Darüber hinaus ist die Sahara für die Überprüfung von prognostischen Klimamodellen wichtig, da sie durch ›Zurückrechnung‹ getestet werden können. Unser Forschungsprojekt im Yoa-See im Norden des Tschad ist diesbezüglich eines meiner wichtigsten Projekte. Dort haben wir seit 1999 mehrere Bohrkerne entnommen. Diese stellen in meinen Augen nicht nur für die Sahara, sondern für ganz Afrika und sogar die ganze Erde, das beste Klimaarchiv der letzten 10.500 Jahre dar. Denn dort können wir für jedes Jahr mindestens zwei Schichten untersuchen – das gibt es weltweit nur sehr selten.«
Dr. rer. nat. Stefan Kröpelin, Geo- und Klimaforscher an der Universität zu Köln

Von Magma und Maultieren

»Der Vulkanismus spielt in der Entwicklung der Erde, ihrer Kontinente und als Ausdruck dieser inneren Kräfte eine besondere Rolle. Vulkanforschung ist Forschung am Puls der Erde und es ist für mich ungeheuer spannend, die Zusammenhänge zwischen den Prozessen und Kräften zu erforschen und besser zu verstehen. Dabei gibt es verschiedene Ansätze, Vulkane zu erforschen: Ich interessiere mich hauptsächlich für die langzeitliche Entwicklung über die gesamte Lebensdauer eines Vulkans, besonders für die Ursache dafür, warum Vulkane so unterschiedlich sind. Dazu erforsche ich, woher das Magma kommt, wie lange der Aufstieg aus dem Erdmantel dauert und wie und warum sich die Zusammensetzung des Magmas auf dem langen Weg verändert. Außerdem versuche ich, das mögliche zukünftige Verhalten eines Vulkans aus dessen früherer Aktivitätsgeschichte abzuleiten. Besonderes interessant ist, was in der Zeit vor einem Ausbruch in der Magmakammer passiert. Im Zuge dessen bin ich viel in der Welt herumgereist: Zunächst in Deutschland am Laacher Seevulkan, dann habe ich Vulkane in der Antarktis,  auf der russischen Halbinsel Kamchatka, in Mittelamerika und vor allem in den Südamerikanischen Anden erforscht. Wir haben mit Hubschraubern und Geländefahrzeugen gearbeitet, aber auch mit Maultieren und in einem Fall in Panama sogar mit Wildwasser-Kayaks. Im Andenhochland haben wir viele kalte Nächte über 4.000 Meter Höhe verbracht und immer wieder unseren Geländewagen ausgraben, reparieren und über Flüsse bringen müssen.

Die wichtigste Herausforderung ist, die aktuellen, brennenden wissenschaftlichen Fragen zu definieren und die Wege und analytischen Methoden zu deren Lösung zu finden. Ein großer und entscheidender Anteil daran ist die Arbeit im Labor. Grundlage sind Physik, Chemie und die Datenkorrektur und -aufbereitung sowie für die Fehlerabschätzung aufwendige Methoden der Mathematik. Das Wichtigste an der Forschung ist die Leidenschaft für das, was man tut. Dies fällt einem Vulkanforscher natürlich leicht, denn die Forschung an Vulkanen gehört wohl zum Spannendsten überhaupt. Da die Herangehensweisen an die Vulkanforschung so unterschiedlich sind, muss, wer sich für Vulkane als Forschungsobjekt interessiert, einen eigenen, nach Interessen, Fähigkeiten und von Zukunftsperspektiven geleiteten Weg suchen. Interessierte sollten sportlich, mathematisch begabt, wetterfest, belastbar, im Labor technisch versiert und in jedem Fall mit den Grundlagen der Physik, Chemie und Mathematik ausgestattet sein.«
Gerhard Wörner, Professor für Geochemie an der Universität Göttingen

Secrets under the sea

»In der Meeresforschung existieren immer noch viele Phänomene und Zusammenhänge, die bisher nur teilweise oder gar nicht verstanden sind. Auch neue Arten, die eine wichtige Rolle im Ökosystem spielen, werden immer wieder entdeckt. Gleichzeitig ist das Zusammenspiel des Lebens im Ozean durch menschliche Aktivitäten in hohem Maße gefährdet. Daraus ergeben sich viele spannende Forschungsfelder. Wissenschaftler versuchen, ständig an die Grenzen zu gehen und das Unerforschte, das nicht Verstandene zu ergründen. Das erfordert sehr viel Kreativität, Überblick, Ausdauer und Teamgeist, denn viele der Fragestellungen sind nur im interdisziplinären Zusammenhang zu verstehen. Grundsätzlich muss wohl jeder Biologe, der sich mit Meeresforschung beschäftigt, Fähigkeiten mitbringen, die nicht unbedingt im Studium erlernt werden, wie etwa das Handling großer Datensätze oder technisches Wissen zu komplexen Geräten. Ein Grundverständnis für physikalische Zusammenhänge und chemische Prozesse ist ein Muss. Aber es schadet auch nicht, Erfahrung auf Booten und Schiffen oder je nach Forschungsgebiet Taucherfahrung zu haben.

Jedes Schiff, jede Reise und jedes Experiment hat spannende und einzigartige Seiten. Dabei ist es egal, ob wir auf einem russischen Forschungsschiff in der Arktis, einer dänischen Expedition über den Indischen Ozean oder in einem deutschen Forschungsschiff auf einer Ausbildungsreise in der Ostsee sind. Es gibt überall viel zu entdecken und so viele ungelöste Rätsel. Wir hoffen, dass unsere Erkenntnisse zu einer nachhaltigeren Nutzung des Meeres beitragen, und dass die Kommunikation über die Schönheit und Verletzlichkeit der Lebensräume an der Küste und im Ozean das öffentliche Bewusstsein für Naturschutz abseits der Landmassen stärkt.«
Dr. Helena Hauss,Biologische Ozeanographin am Geomar und Dr. Cornelia Jaspers, Biologische Ozeanographin am Geomar und an der Technischen Universität von Dänemark