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Brancheneinblick Controlling

Wie gelingt 2023 der Einstieg ins Controlling?

»Den Beruf des Controllers kann man vielleicht ganz gut mit dem eines Brandschutzbeauftragten vergleichen. Man untersucht das ganze Unternehmen nach Brandrisiken; nach Faktoren, die ein Feuer verursachen könnten. Dann etabliert man gute Brandschutzmaßnahmen. Und falls es doch mal brennt, schnappt man sich einen Feuerlöscher«, erklärt Senior Controllerin Michaela Seeberger ihren Beruf. Controller arbeiten interdisziplinär entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Mittlerweile besitzen zahlreiche Firmen eigene Controlling-Abteilungen: Der Hays Fachkräfte-Index Finance verzeichnete im zweiten Quartal 2022 zwar einen Nachfragerückgang an Controllern um 13 Prozentpunkte – im Vorjahresvergleich stieg die Nachfrage jedoch um 86 Punkte auf 113 Prozent. Langfristig könne mit einem Aufwärtstrend gerechnet werden, so Hays, denn in einem »zunehmend internationalisierten Wirtschaftsumfeld bleiben Finance-Fachkräfte gesucht«.

Controlling ≠ Controlling

Es gibt nicht das eine Controlling – »Die Kernaufgaben im Controlling sind immer Planung, Steuerung und Kontrolle. Anhand dessen wird schon klar, dass dies in allen Bereichen eines Unternehmens benötigt wird«, erklärt Controllerin Seeberger, die in einem Beteiligungsunternehmen in der Immobilienbranche arbeitet, »angefangen mit dem Finanzcontrolling, dessen Schwerpunkt auf Liquidität und den Erfolgsrechnungen eines Unternehmens liegt, über Beschaffungs-, Produktions-, und Personalcontrolling bis hin zum Qualitätscontrolling.« Controlling kann grob in zwei Gruppen aufgeteilt werden: In die Hoheitsmacht des operativen Controlling fällt die Verwaltung des Budgets – und dadurch auch der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens. Das strategische Controlling wiederum führt Marktanalysen durch und beobachtet, wie die firmeneigenen Produkte in der Gesellschaft angenommen werden. Aufgrund dieser wichtigen Positionen arbeiten Controller eng mit der Unternehmensführung zusammen. Vergleichsweise neu, aber von zunehmender Relevanz sei, so Seeberger, die Rolle von Umwelt- und IT-Controllern: »Die zunehmenden Regulatorien zur Nachhaltigkeit erfordern Controlling-Maßnahmen, die eine nachhaltige Unternehmensführung ermöglichen. Durch die rasante Digitalisierung sind IT-affine Controller gefragt, welche die IT-Organisation eines Unternehmens mitsteuern können.« In einer Prognose, wie das Controlling wohl in fünf Jahren aussehen werde, mutmaßt Prof. Friedrich Sommer, Inhaber des BWL-Lehrstuhls für Controlling an der Universität Bayreuth, dass sich das Berufsbild weiter ausdifferenzieren werde: »In großen Unternehmen wird die Bedeutung von IT-Kenntnissen und Data-Science-Ansätzen an Bedeutung zunehmen. In kleineren oder jüngeren Unternehmen wird die volle Breite des Controllings und der Betriebswirtschaft gefragt sein.«

Digitalisierung & Big Data

Was ändert sich noch durch die fortschreitende Digitalisierung in den Unternehmen? Diese Frage beantwortet Madlen Krembel, Head of HR Marketing & Recruiting bei RWE Supply & Trading: »Die Digitalisierung ist ein globaler Megatrend, der sich durch das ganze Unternehmen und alle Bereiche zieht, weshalb RWE einen starken Fokus auf Innovationen und Digitalisierung legt – wir versuchen ein sicheres IT-Environment zu schaffen, mit dem man modern und gut arbeiten kann.« Auf jeden Fall habe die Digitalisierung Auswirkungen auf ihren Beruf als Controllerin, so Senior Controllerin Seeberger: »Die Digitalisierung und der damit verbundene Zugang zu Daten – Stichwort Big Data – ermöglicht den Controllern ein riesiges Spektrum an Analysemöglichkeiten. Märkte und Zielgruppen können genau ausgewertet werden. Mit Hilfe dieser Reports kann über die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens entschieden werden.«

Bitte mit Know-how

»Betriebswirtschaftliche Allrounder sind im Controlling gefragt«, weiß Prof. Sommer, »denn ohne ein fundiertes Grundwissen geht es nicht.« Aber neben den Basics seien IT-Kenntnisse schon immer hilfreich gewesen und werden in Zukunft noch gefragter sein, so der Controlling-Fachmann. Zahlenverständnis, IT-Affinität und Spaß am Erstellen präziser Analysen und aussagekräftiger Präsentationen sollte man im Gepäck haben, wenn über einen Einstieg ins Controlling nachgedacht wird. Außerdem können in den Koffer gepackt werden: Teamfähigkeit, Eigeninitiative, unternehmerisches Denken und sicheres Auftreten. Mitbringen sollten die Studierenden grundsätzlich Anpassungsfähigkeit und Flexibilität und – das sei ganz wichtig – Humor, so Recruiting-Chefin Krembel. Und auch Geduld und Ausdauer seien nützlich, wenn beispielsweise ein Prozess oder Programm noch nicht so funktioniert, wie man sich das vorstellt, fügt Michaela Seeberger eine Erkenntnis aus dem Arbeitsalltag als Controllerin hinzu. Solide Excelkenntnisse bringen auch Pluspunkte im Arbeitsalltag – darauf versteifen sollte man sich aber nicht, denn moderne Kalkulations-Systeme sind auf dem Vormarsch. Ein kleiner Tipp für alle, die ihre »Must-have-Arbeitswerkzeuge« testen, verbessern oder auffrischen möchten: Die gängigen Programme eines Controllers – Excel, VBA, Power-BI, SQL – können auf udemy.com oder youtube.de erlernt werden.

Arbeitsmarkt

Über ein Trainee-Programm erfolgt beispielsweise der Einstieg. »Beim Finance-Traineeprogramm – in diesen Bereich fällt das Controlling – durchläuft der/die Trainee verschiedene Abteilungen«, erklärt Recruiting-Spezialistin Krembel, »dadurch lernen die Studierenden die verschiedenen Bereiche und Stakeholder kennen – das ist sehr toll! Die Trainees können selbst bestimmen, in welche Richtung sie sich noch entwickeln möchten – das hat zur Folge, dass wir hochgradig individuelle und maßgeschneiderte Programme bieten können.« Laut Hays Fachkräfte-Index sei die Nachfrage nach qualifizierten Finanz-Experten besonders in den Großstädten Berlin und München hoch. »Die Berufsaussichten im Controlling sind momentan super«, bestätigt auch Madlen Krembel. Gerade in Zeiten, in denen gestörte Lieferketten, Energieknappheit und Versorgungsunsicherheit die Kosten massiv in die Höhe treiben, sei das Controlling gefragt, so Prof. Sommer: »›Was machen wir, wenn …?‹ war immer schon die Frage aller Fragen, die nun noch häufiger gestellt wird und für die zunehmend kreative Lösungen – gerade aus dem Controlling – gefragt sind.«

Experten-Tipps für Unentschlossene

»Macht's!«, rät Senior Controllerin Seeberger Interessierten ganz klar: »Der Job als Controller ist sehr abwechslungsreich und gerade bei klein- und mittelgroßen Unternehmen hat man die Chance, die Entwicklung des ganzen Unternehmens mitzulenken – aus meiner Sicht eine sehr wichtige und sinnstiftende Aufgabe, die echt Spaß macht. Wenn sich jemand allgemein unsicher ist, welcher Beruf ihm innerhalb der Controlling-Bereiche gefallen könnte, gebe ich den Tipp: Stellenanzeigen lesen. Denn dadurch bekommt man ein gutes Gefühl, welche Aufgaben eine Stelle beinhaltet. Außerdem kann man daraus auch gut ableiten, welche Qualifikationen und persönlichen Eigenschaften für eine Stelle wünschenswert oder gar Voraussetzung sind.« Uniprofessor Friedrich Sommer rät Studierenden, Unternehmen frühzeitig durch beispielsweise Praktika kennenzulernen und herauszufinden, in welche Richtung des Controllings man gehen möchte – möglicherweise hat diese Erkenntnis Einfluss auf die letzten Uni-Semester und die Abschlussarbeit. Außerdem gibt er Studierenden mit auf den Weg: »Machen Sie, woran Sie Spaß haben und wofür Sie brennen – dann werden Sie auch Erfolg haben!«

 

Quelle: controllingportal.de; hays.de


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