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BIM: Building – Information – Modeling

Digitalisierung am Bau

Ganz schön clever

Smart-Home-Technologien erleichtern unseren Alltag. zahlreiche Gadgets sorgen für mehr Komfort und neue Möglichkeiten. Laut einer Umfrage von Bitkom haben vier von zahn Menschen in Deutschland ein smartes Zuhause. Den größten Nutzen finden dabei intelligente Lampen und Leuchten, die bereits rund 30 Prozent der Befragten im Einsatz haben. Die smarten Gadgets sind allerdings nicht die einzigen digitalen Errungenschaften im Bereich Wohnen. Schon seit einigen Jahren wird die Bauwerksdatenmodellierung (BIM) in Deutschland angewandt, mittlerweile ist sie aus der Baubranche nicht mehr wegzudenken. Bei der Nutzung müssen allerdings alle Projektbeteiligten beim digitalen Planungsprozess weiterhin koordiniert werden. Das übernehmen BIM-spezialisierte Mitarbeiter. »Die Digitalisierung ist notwendig und sichert unter anderem die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen«, so Maximilian Böhmer, Leiter des Konstruktions-Teams der BIM-Abteilung bei Goldbeck. Wer in diesem Bereich arbeiten möchte, solle laut Böhmer neben IT-Affinität auch Kommunikationsfähigkeit mitbringen, den eigenen Standpunkt verlassen, unterschiedliche Sichtweisen verstehen und gezielt diskutieren können. So bringe man verschiedene Spezialisten zusammen, mit deren Hilfe gemeinsam zukunftsweisende Technologien in bestehende Prozesse des Unternehmens integriert werden. Auf der alljährlichen BIM World MUNICH, die Ende November stattfindet, gibt es auch in diesem Jahr wieder zahlreiche innovative Start-ups sowie Referenten aus der BIM-Branche. Die Münchner Veranstaltung bietet neben der Messe und dem Austausch über neueste Technologien auch die Verleihung des Smart Building/Smart Construction Innovation World Cup. Good to know: Im Juli 2021 wurde im westfälischen Beckum das erste Haus in Deutschland mit einem 3D-Drucker gebaut. In Zusammenarbeit mit Mense-Korte, ingenieure + architekten schuf die Baufirma PERI diesen Meilenstein der Branche. Schicht für Schicht setzte der COBOD BOD2-Drucker die Betonreihen übereinander, wodurch eine optisch einzigartige Fassade entstand.

Tür zur Informatik

Neben BIM gibt es in der Baubranche weitere digitale Methoden, die den Prozess des Planens, Bauens und Betreibens von Bauwerken maßgeblich vereinfachen und beschleunigen sollen. Das ›Structural Health Monitoring‹ (SHM) – im Deutschen ›Zustandsüberwachung‹ – ist eine davon. »Beim SHM beschäftige ich mich mit Sensordaten, die kontinuierlich erfasst werden, um den Zustand von einem Gebäude oder Infrastrukturen zu beobachten«, erklärt Dr. Kristina Doycheva, die als Vertretungsprofessorin an der Bauhaus-Universität Weimar im Fach ›Informatik im Bauwesen‹ arbeitet. Die SMH-Anwendung wird entweder dauerhaft oder periodisch zum Beispiel bei Brücken, Tunneln oder Windkraftanlagen angewandt. Bei auftretenden Materialveränderungen kann schneller reagiert werden, bevor es zu schweren Schäden kommt. Die Überwachung des Strukturverhaltens ermöglicht somit eine wirkungsvollere Umsetzung von Instandhaltungs- und Reparaturmaßnahmen, was zusätzlich zu einer Senkung der Betriebskosten beiträgt. Besonders gut an der Zustandsüberwachung gefalle Kristina Doycheva, dass sie mit vielen Daten arbeitet und die Ergebnisse schnell sieht. Welche Daten relevant sind, sei abhängig vom Projekt oder Gebäude. Diese müssten dann in geeigneter Weise analysiert werden. Wenn dabei eine Anomalie erkannt wird, könnte es sich hierbei um potentielle Schwachstellen handeln, erklärt Doycheva. »Allerdings muss man testen, ob es sich bei der Anomalie wirklich um eine ›Gefahr‹ handelt oder ob es ein Sensor- fehler ist.« Ohne Informatikwissen geht also nichts? Doch. Es geht natürlich auch ohne IT-Anwendungen, ist aber viel langsamer. Veraltete Prozesse oder Mitarbeitende, die nach dem Motto: ›Das ist historisch gewachsen‹ arbeiten, seien laut Doycheva ein Grund dafür, warum die Forschung aktuell weiter ist als die Technologien in der Baubranche. Die Digitalisierung macht die IT am Bau unverzichtbar. Deshalb müssen auch Absolventen der klassischen Ingenieurwissenschaften offen für IT-Themen sein.

Keine Zukunft?

Im April 2021 gab es auf dem deutschen Arbeitsmarkt rund 31.000 offene Stellen für Bauingenieurinnen und Bauingenieure. Durch ›Industrie 4.0‹ wird ein fundamentales IT-Wissen in Zukunft zwar notwendig sein, aber auch Absolventen der traditionellen Ingenieur- studiengänge haben weiterhin beste Chancen. BIM-Interessierten rät Maximilian Böhmer: »Man sollte zwar schonmal von den einschlägigen BIM-Programmen gehört haben, aber das Wichtigste ist, dass man sich für das Themengebiet begeistern kann und dafür brennt.« Eine Weiterbildung im IT-Bereich kann also von Vorteil sein, ist aber keine Voraussetzung. Auch im Bereich SHM mangelt es derzeit an Fachkräften. Laut Kristina Doycheva ist hierbei »die Zusammenarbeit von Informatiker*innen und Ingenieur*innen eine Voraussetzung, ohne die geht gar nichts.« Durch die notwendige Zusammenarbeit müssen ITler und Ingenieure nicht unbedingt Vorerfahrungen aus dem anderen Fachbereich mitbringen. Allerdings gibt es immer mehr Angebote von Hochschulen, die solche Schnittstellenstudiengänge anbieten. So schlägt auch der Masterstudiengang ›Digital Engineering‹ an der Bauhaus-Universität Weimar eine Brücke zwischen Informatik und Ingenieurwesen. »Wir machen die Tür zur Welt der Informatik auf, aber die Studierenden müssen selbst entscheiden, ob sie hereingehen möchten«, so Doycheva. Allerdings haben viele Studierende Probleme, sich für IT- Themen zu begeistern, erläutert die Vertretungsprofessorin. Ihnen fehle es an Motivation, sich damit auseinanderzusetzen. Dazu rät sie, sich mehr zu trauen, neue Dinge auszuprobieren und nicht nur in einem Bereich zu bleiben.

 


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