Person mit Fragezeichen vor einem Bücherregal.
Bildquelle: geralt/pixabay

Studium oder Ausbildung: Wichtige Faktoren für die Entscheidungsfindung

Nach dem Abitur stellen sich die Weichen für die Zukunft. Beim Start ins Berufsleben haben junge Menschen viele Möglichkeiten, sich von ihren Stärken und Interessen leiten zu lassen und eine für sie geeignete Laufbahn einzuschlagen. Besteht bereits ein ganz konkreter Berufswunsch, ist der Weg dorthin häufig schon stärker vorgezeichnet. Falls verschiedene Neigungen und Schwerpunkte noch größeren Entscheidungsspielraum lassen, wirft das zahlreiche Fragen auf.

Eine Frage, die für Abiturient*innen häufig im Vordergrund steht, ist die, ob es nach dem erfolgreichen Abschluss mit einem Studium oder mit einer Ausbildung weitergehen soll. Die Antwort darauf ist so individuell wie die Vorstellungen, die sich um eine mögliche berufliche Zukunft ranken. Einige Aspekte können aber als klare Entscheidungshilfe herangezogen werden und dazu beitragen, die Frage nach der richtigen Weichenstellung mit einem guten Bauchgefühl anzugehen.

Der Weg in die Zukunft ist nicht vorgezeichnet

Es ist eine positive Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte, dass der Weg, den junge Menschen für ihre berufliche Zukunft einschlagen können, nicht mehr strikt durch die Schulbildung vorgezeichnet ist. Wer auf einem niedrigen Bildungsweg startet, kann zusätzliche Qualifikationen erwerben und mit ausreichend Ehrgeiz und Arbeitseinsatz den akademischen Traumberuf wählen oder einen Meistergrad anstreben. Umgekehrt ist das Abitur längst kein Garant mehr dafür, dass junge Menschen ihren Bildungsweg automatisch an einer Hochschule fortsetzen. Eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung hat gezeigt, dass Abiturient*innen immer häufiger den Weg in eine Berufsausbildung wählen und dem Studium zunächst den Rücken kehren. Traten im Jahr 2011 noch 35 Prozent der jungen Menschen mit Abitur eine duale oder schulische Ausbildung an, waren es 2021 bereits 47,4 Prozent. Besonders groß ist der Zuwachs der Studie zufolge bei dualen Ausbildungsgängen. Damit sieht fast die Hälfte aller Absolvent*innen mit einem gymnasialen Schulabschluss ihre berufliche Zukunft zumindest im ersten Schritt nicht in einer akademischen Ausbildung.

Einen Grund für den Wandel sehen Bildungsexperten in der wachsenden Anerkennung von Ausbildungsberufen, die sich nicht nur in guten Chancen am Arbeitsmarkt ausdrückt, sondern zunehmend auch in einer Verschiebung der Verdienstmöglichkeiten zugunsten einiger Ausbildungsberufe. Eine Studie des ifo Instituts (Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V.) hat ergeben, dass die Verdienstmöglichkeiten im Bereich eines Meistergrades heute durchaus mit dem Einkommen in akademisch geprägten Berufen konkurrieren können und teilweise sogar darüber hinausgehen. Hier spielen demografische Aspekte wie Alter, Geschlecht, Region und Beruf eine maßgebliche Rolle. Die Attraktivität von Ausbildungsberufen nimmt aber zu und bringt eine deutliche Verschiebung der beruflichen Orientierung junger Menschen nach dem Abitur mit sich.

Die Wahl der Entwicklung nach dem Abitur bleibt dennoch eine sehr persönliche Entscheidung und kann junge Menschen am Beginn ihres beruflichen Werdegangs vor eine große Herausforderung stellen. Diese Faktoren können bei der Entscheidungsfindung unterstützen.

Ein konkreter Berufswunsch als Wegweiser

Wer nach dem Abitur bereits eine sehr klare Vorstellung davon hat, wie die berufliche Zukunft aussehen soll, ist in seiner Entscheidungsfreiheit im Hinblick auf den Bildungsweg oft automatisch eingeschränkt. Klassische akademische Berufe wie Lehrer, Arzt oder Rechtsanwalt setzen den Abschluss eines entsprechenden Hochschulstudiums voraus. Handwerkliche Berufe sind dagegen über eine Berufsausbildung zu erreichen.

Mit einer konkreten Berufsvorstellung sollte immer auch die Frage einhergehen, welcher Bildungsweg hierfür die Voraussetzung ist und ob dieser zu den persönlichen Kompetenzen und Neigungen passt. Das gilt bereits bei Weichenstellung zum Wechsel auf die weiterführende Schule. Wer einen akademischen Beruf vor Augen hat, muss sich darüber im Klaren sein, dass ein niedriger Bildungsabschluss nicht ausreichen wird und beispielsweise nach dem Hauptschulabschluss oder der Mittleren Reife der Weg über höhere Schulabschlüsse führen muss, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Hier kann der Weg zum Traumstudium unter Umständen auch über einen dualen Studiengang oder eine Berufsausbildung als Quereinstieg führen. Ein Studium ohne Abitur ist heute nicht mehr unerreichbar. Es empfiehlt sich allerdings, sich bereits früh über die Möglichkeiten für einen Einstieg zu informieren und die erforderlichen Weichen zu stellen.

Finanzielle Möglichkeiten nach dem Abitur

Ein Kriterium für die Wahl des Bildungsweges nach dem Abitur sind die wirtschaftlichen Möglichkeiten, die jungen Menschen zur Verfügung stehen. Für viele Berufsausbildungen wird von Anfang an ein Ausbildungsgehalt ausbezahlt. Das bringt nicht nur eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit mit sich, sondern hat auch einen positiven Einfluss auf die Altersvorsorge, da mit einem Ausbildungsgehalt schon früh Leistungen in die Rentenkasse einbezahlt werden können. Wer eine rein schulische Ausbildung anstrebt, die keine betriebliche Komponente hat, zum Beispiel als Physio- oder Ergotherapeut*in, kann allerdings nicht auf ein Ausbildungsgehalt bauen und muss unter Umständen sogar Schulgebühren bezahlen, die je nach Anbieter höher ausfallen können als der durchschnittliche Semesterbeitrag an Hochschulen.

Mit einem Studium lässt sich kein Einkommen generieren. Neben den Semesterbeiträgen können je nach Studiengang und Region zusätzliche Studiengebühren anfallen. Die allgemeinen Studiengebühren, die lange Zeit kontrovers diskutiert wurden, sind inzwischen deutschlandweit abgeschafft worden, allerdings gibt es Fälle, wie berufsbegleitende Bachelorstudiengänge in Bayern und Baden-Württemberg, die nach wie vor kostenpflichtig sind. Um die finanziellen Möglichkeiten im Rahmen eines Studiums zu erweitern, können Studierende einen studentischen Nebentätigkeit nachgehen, die allerdings zeitliche Kapazitäten bindet. Sofern die Nebentätigkeit nicht in Form einer studentischen Hilfstätigkeit an der Hochschule ausgeübt wird, können so wertvolle Kapazitäten gebunden werden, die nicht für das Studium zur Verfügung stehen.

Hinzu kommen unter Umständen Lebenshaltungskosten, falls Studierende oder Auszubildende nicht zu Hause wohnen können oder wollen. Das Thema Ausbildungsfinanzierung ist im Wandel. Fördermöglichkeiten werden ausgebaut, rein schulische Ausbildungen sollen aus Gründen der Chancengleichheit zunehmend gebührenfrei werden oder von einer staatlichen Förderung profitieren können. Ein Bildungsweg, der kein Einkommen generiert, muss auch mit geringem finanziellem Spielraum nicht unerreichbar bleiben. Finanzielle Aspekte sollten allerdings von Anfang an berücksichtigt werden und in die Entscheidungsfindung einfließen.

Berufserfahrung als Plus im Lebenslauf

Die Kompetenzen, die auf dem Arbeitsmarkt gefragt sind, gehen zunehmend weg von einem reinen Blick auf Zeugnisse und Noten. Faktoren wie soziale Kompetenzen und Berufserfahrung werden immer wichtiger. In einer Ausbildung können junge Menschen schon früh praktische Berufserfahrung sammeln. Im Rahmen eines Studiums ist dies nur in Form von Praktika oder Praxissemestern möglich, die nicht in jedem Studiengang in größerem Umfang vorgesehen sind.

Als Entscheidungshilfe lohnt sich deshalb eine Betrachtung des Arbeitsmarktes und in den konkreten Berufszweig, der nach der Ausbildung angestrebt wird. Ist hier eine möglichst umfangreiche Berufserfahrung ein Karrierefaktor, kann es sinnvoll sein, den Weg in den Beruf nicht über ein Hochschulstudium, sondern, sofern möglich, über eine Ausbildung mit stärkerem Praxishintergrund zu wählen.

Karrierechancen und Verdienstmöglichkeiten

Wenn die beruflichen Vorlieben verschiedene Wege in den Arbeitsmarkt ermöglichen, lohnt sich die Sicht auf Karrierechancen und Verdienstmöglichkeiten, die die unterschiedlichen Ansätze mit sich bringen. Aktuell bieten akademische Bildungswege häufig noch die besseren Verdienstmöglichkeiten, höhere Einstiegsgehälter und auch das größere wirtschaftliche Entwicklungspotenzial. Allerdings hat bereits ein Wandel am Arbeitsmarkt eingesetzt, der auch Ausbildungsberufen größere Anerkennung im Hinblick auf Karriereoptionen und Einkommensmöglichkeiten zukommen lässt.

Persönliche Kompetenzen und Lernvorlieben

Die strukturellen Unterschiede, die Studium und Ausbildung voneinander trennen, können ebenfalls ein wesentlicher Faktor für die Entscheidungsfindung sein. In einer Ausbildung geben klare Abläufe und ein geregelter Alltag sichere Rahmenbedingungen und eine Struktur, die für manche Lerntypen von Vorteil sind.

Ein Studium bietet dagegen häufig größere Freiheiten und umfangreichere Möglichkeiten, um eigene Neigungsschwerpunkte zu setzen. Um diesen Vorteil ausschöpfen zu können, sollte allerdings ein hohes Maß an Eigenmotivation und Organisationstalent vorhanden sein. Die Fähigkeit und Disziplin, den Alltag selbstständig zu strukturieren, sind Kernkompetenzen für eine erfolgreiche akademische Karriere.


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